
Zweitwohnsitze: Betongold, das nicht glänzt
Zweitwohnsitze sind lange vor HC Strache zum Politikum geworden. Vieles ist nicht grün mit den Häuschen im Grünen. Der Protest gegen Luxus-Chalets in Salzburg zeigte aber Wirkung bis über die Landesgrenzen hinaus.
Zweitwohnsitze sind lange vor HC Strache zum Politikum geworden. Vieles ist nicht grün mit den Häuschen im Grünen. Der Protest gegen Luxus-Chalets in Salzburg zeigte aber Wirkung bis über die Landesgrenzen hinaus.
Der Salzburger Jedermann spielt in diesem Jahr in zwei Tragödien: Die eine, seit hundert Jahren in Salzburg aufgeführte, ist die vom Leben und Sterben des reichen Mannes. Die andere, die ebenfalls schon lange dauernde, ist die vom Ausverkauf und der Verbauung des Grünlands in Österreich. „Man braucht nie mehr von Kultur zu reden, wenn man die Kultur des eigenen Lebens und Lebensraumes vernichtet“, schimpfte Tobias Moretti vorige Woche bei der Präsentation der von ihm mit begründeten Allianz „Stoppt Bodenvernichtung“. In den letzten 20 Jahren wurden 150.000 Hektar Agrarflächen verbaut, was der Ackerfläche des Burgenlands entspricht. Mit 13 Hektar, der Größe von 20 Fußballfeldern, liegt der tägliche Bodenverbrauch in Österreich weit über dem im Regierungsprogramm festgelegten Maximum von 2,5 Hektar. Selbst Biobauer, warnte Moretti davor, dass die Lebensmittelversorgung in Österreich durch den Flächenverbrauch immer mehr von ausländischen Lieferanten abhängig werde. „Ganz abgesehen vom Wahnsinn, ständig unsere Grün- und Ackerflächen in Bau- und Industrieland umzuwidmen.“
Mahnwache gegen Luxus-Bau
Dass der Salzburger Jedermann eigentlich ein Tiroler ist, passt hervorragend zu diesem Trauerspiel im Salzburger Land: Denn eine Baustelle für Luxus-Chalets an der Grenze zu Tirol führte im Vorjahr zu einer Protestwelle, die bis in die Landesregierung schwappte und einen auch andere Bundesländer unter Zugzwang setzenden politischen Kurswechsel bei Zweitwohnsitzen auslöste. Bislang sieht man am Pass Thurn in der Gemeinde Mittersill im Oberpinzgau noch nicht viel mehr als eine Lärmschutzbetonmauer, die den Blick in das Naturschutzgebiet Wasenmoos verstellt. Im
Endausbau sollen zum „Resort Six Senses“ jedoch ein Hotel mit 77 Zimmern, 45 Appartements sowie 13 Luxus-Chalets mit vier bis fünf Schlafzimmern auf bis zu vier Stockwerken und 400 Quadratmeter Wohnflächen gehören. Im Preis von 5,5 bis 8,5 Millionen Euro für diese Luxusherbergen inbegriffen ist ein Elektro-Porsche Taycan, für Ausflüge ins nahe gelegene Kitzbühel zum Beispiel.
Erst dieses Detail brachte das Protestfass gegen dieses Projekt zum Überlaufen. Zu einer Mahnwache gegen das Luxus-Resort und die Auswüchse des Tourismus kamen 200 Demonstranten. Ein Mittersiller sagte bei der Protestaktion, der arme Bürger müsse dort bauen, wo ihm das Salzachwasser bei der Haustür hereinrinne: „Und der Reiche sitzt oben auf der Sonnseite im Trockenen.“ Auch Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) fand deutliche Worte, kritisierte die Vermarktung der Luxus-Chalets als „provokant“, „unsensibel“, „zu protzig“ und legte als Politik-Kurs für die Zukunft fest: „Wir wollen keine Zweitwohnsitz-Gebiete mehr“ – in bestehende Widmungen könne man allerdings nicht eingreifen.
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