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Woher nehmen...?

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Darüber sind sich alle einig: Der österreichische Nationalfeiertag am 26. Oktober ist und bleibt eine halbe Sache, wenn er ein Arbeitstag bleibt, wenn er nicht zu einem arbeitsfreien und auch bezahlten Feiertag gemacht wird. „Schon wieder ein Feiertag!“ schreit die Wirtschaft. Das könne sie nicht ertragen. Und sie verweist darauf, daß Österreich im Verhältnis zu anderen Ländern schon viel zuviel Feiertage habe, wobei man natürlich auf jene Länder hinweist, wo der Vergleich stimmen mag. Es gib auch andere Länder, wo er nicht stimmt, zum Beispiel Italien. Also woher einen Feiertag nehmen, wenn nicht stehlen. Und beim Stehlen dachten manche Leute an den 8. Dezember. So kommt es, daß in der österreichischen Publizistik jetzt gelegentlich der Gedanke auftaucht, die österreichischen Katholiken sollten auf den 8. Dezember verzichten. Wer immer einen solchen Gedanken lanciert, möge bedenken, daß er damit die österreichischen Katholiken in gewiß unnötiger Form provoziert. Die Nationalsozialisten haben gleich nach dem deutschen Einmarsch in Österreich den 8. Dezember als Feiertag aufgehoben, nicht nur, weil er ein Marienfeiertag war, sondern weil er ein betont österreichischer Marienfeiertag war. In einer großen

Volksbewegung haben sich die österreichischen Katholiken in den Nachkriegsjahren dafür eingesetzt, daß wenigstens der 8. Dezember als ein voller Feiertag gehalten werden kann, wenn es schon nicht möglich war, andere Feiertage im Wege einer Wiedergutmachung zu erlangen. Man sollte also besser alle Kombinationen um den 8. Dezember ausschalten. Im übrigen muß festgestellt werden, daß von keiner Seite, auch nicht von der Wirtschaft, wobei man unter Wirtschaft nicht allein die Unternehmer-Verbände, sondern auch die Gewerkschaften zu verstehen hat, ein solches Verlangen ausdrücklich gestellt wurde. Wenn man so also nach dem Motto „Woher nehmen, wenn nicht stehlen“ einen bestehenden Feiertag kassieren will, weil es angeblich nicht anders geht, dann sei daran erinnert, daß es in Österreich drei staatliche Feiertage gibt, die keine kirchliche Feiertage sind. Wir meinen jetzt nicht den 1. Mai, wir meinen Ostermontag, Pfingstmontag und den Stephanustag am 26. Dezember. Nicht, daß wir wünschten, ein solcher Feiertag sollte aufgehoben werden, aber die Katholiken sind es ja schließlich auch nicht, die das Dilemma um den 26. Oktober nach dem Motto lösen wollen, „Woher nehmen, wenn nicht stehlen?“.

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