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Donnerstag

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52 Wochen hat das Jahr. In zwei Wochen dieses Jahres fallen regelmäßig in Österreich kirchlich und staatlich gebotene Feiertage auf einen Donnerstag. Es sind die Feste Fronleichnam und Christi Himmelfahrt. Es sind Feiertage im Spätfrühling und Frühsommer.

Sogenannte Urlaubsarithmetiker bevorzugen sie gerne, um den Feiertag in ihren gesetzlichen Anspruch einzubauen. Der Urlaubsanspruch selbst wird dadurch nicht höher. Vor allem aber die Freitage nach den beiden Festen sind sehr beliebte Urlaubstage. Man merkt's am Straßenverkehr und in vielen Unternehmen, die an solchen Tagen ihre Leistung gar nicht oder nur teilweise erbringen können. Manchmal ist dos ärgerlich.

Der Wunsch von Wirtschaftskreisen, die beiden Donnerstag-Feiertage auf den folgenden Sonntag zu verlegen, entspringt sicher nicht düsterem Manchesterliberalismus, dem das Seelenheil ebenso wie Gesundheit und Menschenwürde der Arbeitnehmer ganz egal ist.

Wer je in einem kleineren oder mittleren Betrieb, ja selbst in einer Abteilung eines Großbetriebs die Schwierigkeiten erlebt hat, die entstehen, wenn die meisten Mitarbeiter gleichzeitig auf Urlaub gehen wollen, der hat für diesen Wunsch durchaus Verständnis. Zumal es ja sogar im katholischen Italien möglich war, die beiden kirchlichen Feiertage auf den darauffolgenden Sonntag zu verschieben und dabei keinerlei gravierende Schäden an der Religion entstanden sind.

Die Daten des Kirchenjahres sind bekanntlich keine historischen Termine. Sie sind aber auch nicht Zufälligkeiten, die etwa nach kirchlichen Launen entstanden sind. Gerade in einer Zeit wie unserer, die in vielen Dingen ihr lebendiges Maß verloren hat, spüren wir an den kirchlichen Festen noch etwas von der „Fülle der Zeit" von der beispielsweise der Weihnachts-Evangelist spricht.

Jahrhundertelange Erfahrung im Einklang mit biblischen Angaben, tiefes Gefühl für Mächte und Stimmungen der Natur, der Rhythmus des Lebens selbst haben die Termine bestimmt. Auf die Frage, was christliche Kultur sei, kann auch mit diesen Terminen geantwortet werden.

Wir müssen freilich zur Kenntnis nehmen, daß solche Gedanken im pluralistischen Österreich keineswegs mehr alle Staatsbürger verbinden, geschweige denn verpflichten. Und so sollen wir auch nicht die Grundfesten der Kultur und der Kirche erschüttert sehen, wenn der sozialistische Handelsminister dieses Staates im Namen der Wirtschaft den Wunsch nach der Feiertags- Verschiebung ausspricht.

Es läge vielmehr an den Arbeitnehmern, den Kuhhandel, den der Minister Staribacher da versucht hat, wenigstens zu durchschauen. Die Gewährung einer zusätzlichen Urlaubswoche für alle Arbeitnehmer bei gleichzeitiger Verschiebung der beiden Donnerstag-Feiertage auf den Sonntag bedeutet nämlich nichts anderes als die Reduktion der gewerkschaftlichen Forderung von fünf auf drei Zusatz- Urlaubstage.

Gut, dann sollen es eben nur drei Tage sein. Aber so tun wollen, ab kämpfe man für eine Woche, während es in Wirklichkeit um 40 Prozent weniger wären, das ist kein schöner Trick. Er gleicht der bei den Sozialisten beliebten Vorrechnung der erhöhten Familienbeihilfen, bei der auch gerne verschwiegen wird, daß dafür ja der Steuerfreibetrag weggefallen ist.

Die österreichischen Bischöfe, die Handelsminister Staribacher für seinen Vorschlag gleich die kalte Schulter gezeigt haben, wiesen auf „traditionelle und volkstümliche Werte", die mit den beiden Feiertagen verbunden sind, hin. So zumindest lautet die offizielle Nachricht.

In Wirklichkeit mag da auch das Klima der Fristenlösung mitgespielt haben. Die Kirche sieht gegenwärtig keinen Grund, dem Staat Gefälligkeiten zu erweisen.

Die traditionellen und volkstümlichen Werte, so wichtig sie sind, klingen nicht restlos überzeugend. Der Anspruch auf die Feiertage Christi Himmelfahrt und Fronleichnam wird auf lange Sicht nur zu halten sein, wenn der wirkliche Sinn dieser Feste viel glaubbarer als In der heutigen Verflachung zur Urlaubs-Arithmetik ist.

Als politische Kolumne soll dieser Beitrag durch Provokation zum Denken anregen. Die einzelnen Formulierungen des Autors müssen sich nicht mit den Auffassungen der Redaktion decken.

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