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Politik und Ideologie

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DEMASKIERUNG — DIE ROLLE DER IDEOLOGIEN IN DER GESCHICHTE. Von Paul Szende. Europa-Verlag, Wien-Frankfurt-Zürich, 112 Seiten, Paperback, DM 10.—.

Den Ablauf von Herrschaftsmechanismen aufzudecken, Autoritätsstrukturen zu durchleuchten — kurz Systemkritik zu betreiben, ist modern und notwendig. So ist auch die Neuauflage der 1922 erstmalig erschienenen Geschichtssoziologie von Paul Szende zu verstehen. Dieser führt Geschichte auf den Ablauf (und Kampf) von Ideologien zurück. Zwei große Tendenzen tragen die Gesellschaft: Verhüllung und Enthüllung. Erstere ist die Summe apriorischer und spontaner Begriffe und Wissenschaften, die der Erhaltung der jeweils herrschenden Gesellschaftsordnung dient. Enthüllung hingegen ist die Entkleidung alles Absoluten, die Reduktion präpositiver Denkinhalte auf reine Erfahrungswerte und die Zerstörung jeglicher Abstraktion, die infolge ihrer Anpassung an systemimanente Denkabläufe der Repression dient. Solange Szende sich darauf beschränkt die Faszination von vorgedachten, konsumfertigen Ideologien auf die Masse zu beleuchten, erscheint er interessant, „enthüllt“ er. Sobald er aber Lösungsmöglichkeiten bietet, geraten ihm diese diffus und bringen wenig Neues, zumal er eine stark antiklerikale Linie vertritt So fordert Szende eine „Generalrevision“ der Religion, der Ethik und überhaupt des Staates sowie der Wirtschaft; daneben gewähren — so meint er — die allseitige Behandlung der Geschichte in den Schulen und die Durchbrechung jeglicher Limitierung des menschlichen Vorstellungsschatzes „Enthüllung der Tradition“.

IST DER MARXISMUS EIN HUMANISMUS? Von Friedrich Mord-stern. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, 155 Seiten, Kart, DM 7.50.

Die marxistische Selbstinterpretation, die Wahrheit des Marxismus sei sein Humanismus, scheint geeignet, die vielen und in ihren Meinungen divergierenden Marxexegetiker zu einen. Vor allem in letzter Zeit wurde der „junge Marx“ und ein „humaner Marxismus“ als Zentrum seiner Lehre verstanden. Friedrich Mordstern — Ordinarius für Philosophie an der Universität München — durchforscht den dem Individuum von der marxschen Lehre menschlichen und gesellschaftlichen vorgegebenen Spielraum, lotet die Bezüge aus und beleuchtet die anthropologischen Grundfragen. Mißt man nun den niemals starr dogmatisiert gewesenenen Humanismusgedanken (und nicht Humanität) an dem philosophisch-anthropologischen Strukturraster des Marxismus, fällt der Antihumanismus marxscher Prägung heraus.

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