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Zwist um Gesetzesentwurf flir „Umwelt-Kaimner"

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Ein neuer Gesetzesentwurf facht den Dauerzwist der Umweltverbände wiederum an. Gleichzeitig warnt die ÖGNU vor emer „De-facto-Auflösung" des Umweltministeriums.

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Ein neuer Gesetzesentwurf facht den Dauerzwist der Umweltverbände wiederum an. Gleichzeitig warnt die ÖGNU vor emer „De-facto-Auflösung" des Umweltministeriums.

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Mit der Bundesstaatsreform wird das Umweltministerium de facto aufgelöst!" -Gerhard Heilingbrunner, Präsident der „Österreichischen Gesellschaft für Natur- und Umweltschutz" (ÖGNU), ist empört. Der Jurist befürchtet durch die zwischen Bund und Ländern in Verhandlung stehende Veränderung der Kompetenzaufteilung (dazu FuRCHE-Dossier 10/1994) „eine Verfassungsreform, die den Auswirkungen eines EU-Beitritts kaum nachsteht. Nachdem die Bundesstaatsreform von den Bundesländern aber praktisch mit einer Zustimmung zum EU-Beitritt junktimiert vmrde, wäre es nur recht und billig, wenn auch diese Frage einer Volksabstimmung unterworfen wird."

In vielen Bereichen, etwa im Forstrecht oder im Umweltbereich, bleibe dem Bund bloß die Grundsatzgesetzgebung, kritisiert Heilingbrunner; die Durchführung obliege dann den Ländern: „Aber bloß für die Ausarbeitung von Grundsatzgesetzen braucht man kein ganzes Ministerium. Da wäre es sinnvoller, man unterstellt die paar dafür benötigten Beamten dem Parlament, das ja eigentlich für die Schaffung von Gesetzen zuständig ist." Der ÖGNU-Chef befürchtet weiters, daß in vielen tunweltrelevanten Bereichen - etwa im Forstrecht, bei der Anlagengenehmigung, im Wasserrecht oder in der Gewerbeordnung -in Hinkunft neun verschiedene Landes Durchführungsbestimmungen zu einer Verkomplizierung und zu einer Verschlechterung der Umweltstandards führen wird.

Die überwiegende Zurück-laltxmg der Umweltorgan-siationen bei der Bewertung der Folgen der Bundesstaatsreform ist für den ÖGNU-Chef ein weiteres Argument für die Schaffung einer gesetzlich verankerten Interessensvertretimg der Um-weltorganisationen (einer sogenannten „Umweltkammer"; dazu siehe FURCHE 6/1994).

Neuen Zündstoff erhält der Dauerzwist um die „Umweltkammer" durch einen von Heilingbrunner als „Diskussionsgrundlage" charakterisierten und von der ÖGNU erarbeiteten Gesetzesentwurf, der allen Umweltverbänden übermittelt wurde. Die Kernpunkte des Entwurfes:

■ Der Dachverband ist eine „Kör-)erschaft öffentlichen Rechts mit reiwilliger Mitgliedschaft".

Zu seinen Aufgaben zählen:

■ die Mitwirkung im Gesetzwer-dungsprozeß;

■ ParteisteUung in bestimmten behördlichen Verfahren;

■ Teilnahme an Maßnahmen der Wirtschaftsverwaltung;

■ Übernahme gewisser staatlicher Aufgaben;

■ Zusammenarbeit mit Behörden und Interessensvertretungen.

An der Ausgangslage im untereinander verfeindeten Öko-Lager hat sich freilich wenig verändert: während es Heilingbrunner gelang, die ebenso mitgliedsstarken wie traditionellen ÖGNU-Mitgliedsorgani-sationen - von den Naturfreunden über den Alpenverein über AntiTransit-Initiativen bis hin zu Jagd-und Forstverbänden - hinter sich zu scharen, stehen die im „Öko-Büro" vereinten „Aktionisten" (Global 2000, Greenpeace, WWF et cetera) den „Kammer"-Plänen skeptisch gegenüber.

Auch der aktuelle Vorstoß der ÖGNU stößt auf wenig Wohlwollen. Öko-Büro-Geschäftsführerin Martina Närr: „Es stimmt nicht, daß sich alle Umweltverbände für einen gesetzlich verankerten Dachverband ausgesprochen haben.. Unsere Mitgliedsorganisationen haben sich definitiv dagegen ausgesprochen." Man hätte zwar nichts gegen einen Dachverband mit Vereinscharakter einzuwenden, wohl aber gegen die Installierung einer Körperschaft öffentlichen Rechts. „Während überall der Einfluß der Kammern zurückgedrängt wird, soll nun eine neue entstehen. Das ist doch absurd", kritisiert Närr. Zudem befürchtet sie, daß die künftige „Öko-Kammer" ein Monopol für die Verteilung öffentlicher Subventionen bekommen könnte.

Heilingbrunner hingegen ortet die Notwendigkeit von geordneten Strukturen und kann sich dabei Seitenhiebe auf „Greenpeace", „Global 2000" und WWF nicht verkneifen: „Nur mit Kampagnen und Aktionen kaim man keine Umweltpolitik machen. Man kann zwar eine ,Anti-Te-melin-Bewegung' ins Leben rufen, aber wohl kaum eine ,Anti-Bundes-staatsreform-Bewegung', obwohl diese Frage eine große umweltpolitische Relevanz hat." Außerdem sollten, so Heilingbrunner, nur bundesweit aktive Verbände in der „Kammer" Aufnahme finden können.

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