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Soll sich Nachhaltigkeit durchsetzen, ist das Richtige zu tun # aber entspannter als bisher. Eine anregende Anleitung dazu hat der Nachhaltigkeitsmanager Fred Luks vorgelegt.

Wird Nachhaltigkeit debattiert, ist Fred Luks nicht weit. Seit einigen Jahren schon zieht er eine Endlosschleife durch den Diskurs über die Fragen, wie denn die Welt zu retten sei, ja zuvor noch, wie man sie denn zu sehen habe, dann, wie darüber zu sprechen sei. Im heurigen Jahr nun hat er seine Literaturliste um ein neues Buch verlängert: #Endlich im Endlichen, oder: Warum die Rettung der Welt Ironie und Großzügigkeit erfordert.#

Das Büchlein ist dann dort ersatzweise verfügbar, wo er gerade nicht sein kann. Der Brotberuf, Nachhaltigkeitsmanager der Bank Austria in Wien zu sein, geht stets vor. Der kompakte Band schlägt sich tüchtig durch die deutschen Feuilletons, und Die Zeit schrieb dazu: #Die globale Koalition der Weitermacher glaubt immer noch, in einer endlichen Welt sei unendliches Wachstum möglich, aber ... Fred Luks kennt so gut wie alle Theorien ... und so verwickelt sein Essay den Leser in ein Gespräch mit Werner Sombart und Michael Jackson, mit Keynes und Bataille, mit ökologischen Ökonomen und postmodernen Philosophen, Luhmann und Camus.#

Stimmt, genau das macht dieser Band, weswegen DIE FURCHE dessen Autor zum Gespräch einlud. Seine Darlegungen verwirren auf die erste Lektüre hin, worauf die Vorbemerkung bereits hinweist: #Zunächst eine Warnung. Diese Vorbemerkung ist lang # und für das Verständnis des Buches nicht notwendig.#

Ob er, Luks, richtig verstanden werde, bezeichnete man ihn als Handelsreisenden in Sachen Nachhaltigkeit? Luks: Ja, das würde passen, das würde ihn charakterisieren. Er seit Autor und Forscher, aber eben seit zwei Jahren Nachhaltigkeitsmanager der größten Bank in Österreich und arbeite als solcher in einem wachstums- und effizienzgeleiteten System. Gespräche wie diese führe er daher als Buchautor, denn als solcher versuche er einiges Kritisches aufzuzeigen.

Das scheint verstanden worden zu sein. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung meinte in ihrer Rezension: Das Buch von Luks lese sich wie eine Parodie auf lineares Denken. Richtig. Luks beginnt bei den Fragen nach der Erkenntnis, im konkreten Falle etwa jener nach der richtigen über den Klimawandel, den manche als Faktum behaupten, dessen Bestand und Folgen andere vehement verneinen.

Das Problem als soziale Konstruktion

Als einen ersten Kronzeugen zitiert er in seinem Buch Harald Welzer (aus Klimakriege): #Ökologische Probleme sind grundsätzlich keine Probleme der gleichgültigen Natur, sondern allein der menschlichen Kulturen, die durch sie in ihrem Erhalt bedroht sind.# Was Luks damit sagen, gar belegen will? Zeigen, dass im Nachhaltigkeits-Diskurs #immer soziale Konstruktion enthalten ist#. Jede Gesellschaft, meint Luks unter Verweis auf Michel Foucault (aus Dispositive der Macht), akzeptiere bestimmte Diskurse, die #sie als wahre Diskurse funktionieren lässt#. Und Luks schreibt dazu weiter: #Der zeitgenössische Weltrettungsdiskurs ist wesentlich durch einen recht naiven Glauben an die Wahrheit bestimmter Realitätsbeschreibungen geprägt und darüber hinaus auch noch von manchmal erschütternd einfältig vorgetragenen Auffassungen darüber, was #natürlich#, #normal# und #richtig# sei.#

Allerdings, und hier beginnt der deutsche Diplom-Volkswirt und Diplom-Sozialökonom, seine Leser mit auf die Reise in eine neues Denken zu nehmen, dürfe man daraus nicht Untätigkeit verfallen. Luks im FURCHE-Gespräch: #Ich bin nicht gegen Effizienz. Nur wenn sie ein alles überlagerndes Prinzip wird, dann wird es problematisch. Und wir sind an einem Punkt, wo der Wachstumsglaube in die völlig falsche Richtung geht.# Doch das Streben nach Weltrettung und Nachhaltigkeit siegt auch in Luks über dessen Skepsis bezüglich einer zutreffenden Welterkenntnis: #Auch wenn man alles als Konstruktion interpretiert, ich bin dafür, zu handeln.#

Zu den Schwierigkeiten von der richtigen Erkenntnis kommen noch jene kaum gelingender Verständigung, wie Luks schreibt: #Die Leute, die sich im Recht fühlen, kommunizieren recht wenig mit den Leuten, die das Problem gar nicht sehen können.# Vielleicht können die einen die Wahrnehmung der anderen gar nicht teilen, ist Luks zu fragen, der ja für das strukturell bedingte Misslingen eines die Disziplinen überschreitenden Gespräches Niklas Luhmann (aus Ökologische Kommunikation) zitiert.

Jedes System versteht nur seine Sprache

Ja, es sei wohl so, dass das politische System nur auf politische Signale reagiere, das Wirtschaftssystem nur auf ökonomische, aber: #Hier aufzuhören mit dem Denken, ist auch ein Risiko. Es gibt diese Begrenztheit der gegenseitigen Einflussnahme. Aber es gibt auch Akteure, die diese Grenzen überschreiten.# Und damit gelinge dann die Verständigung, etwa über Klimawandel, über Nachhaltigkeit. Denn um sich diesen Themen zu stellen, müsse man #tabuisierte Fragen# aufwerfen: #Man muss zur Rettung der Welt, um etwas Fußballersprache ins Spiel zu bringen, dahin gehen wo#s weh tut.#

Der Diskurs sei #relativ unhinterfragt#, es würden ökonomische Themen dominieren. Ein Beispiel dafür sei die Stern-Review (der Stern-Report rechnete die globalen Folgen des Klimawandels in Geldbeträge um und wurde überarbeitet; Anm.), meint Luks. Ein Thema werde dann prominent, wenn es ökonomisch interpretiert werde: #Die Stern-Review ist ein Superbeispiel für ein ökonomisches Glaubensbekenntnis, welches nicht hinterfragt wird. Es setzt voll auf Wachstum und sagt, die Kosten internalisieren, dann wird alles gut. Da kann ich nur sagen, das ist sicher nicht der Fall.#

Und damit ist Luks, der für Effizienz arbeitet, bei seinem wesentlichen Punkt, soll die Welt vor den Folgen des Klimawandels bewahrt werden, sollte Nachhaltigkeit als Prinzip gelten: #Gerade wir in den Industrieländern müssen radikal anders an das Thema herangehen. Es gibt in Österreich die Initiative Wachstum im Wandel, koordiniert vom Lebensministerium. Das ist ein richtiger Ansatz. Aber natürlich setzen alle auf der Welt auf Wachstum.#

Einsatz für Nachhaltigkeit trotz allem

Das sei, wie Luks im Gespräch erläutert, #der Kern#: der Wettlauf aus Zustand der Knappheit, Steigerung der Effizienz, zunehmender Expansion, neuer Knappheit ... #Das schraubt sich hoch. Aber in einer endlichen Welt kann das nicht funktionieren. Neun Milliarden Menschen, die bald auf der Erde leben werden, können im Durchschnitt nicht so leben, wie derzeit der Durchschnitt bei uns lebt.# Diese ständige Steigerung und Beschleunigung, diese Konzeption von der Welt führe in die falsche Richtung, davon sei er überzeugt. #Das ist ein materieller Expansionskurs.#

Natürlich sei es ein ständiges Thema, wie die Gesellschaft mit diesem Thema umgehe. Es gebe stets Diskussion, Kämpfe um die Deutungshoheit, um Macht, aber: #Ich habe das Gefühl, es ist noch immer besser zu sagen, ja, wir haben ein Problem, aber Nachhaltigkeit ist gut, der Klimawandel ist zu bekämpfen, das Wachstum ist zu hinterfragen, die Effizienz muss neu gedacht werden.#

Doch was sagt er dann jenen, denen mit Richard Rorty die belastbaren Grundlagen, etwa Gott oder der Glaube an die Vernunft, fehlen? #Man muss trotzdem weiter tun. Was würde denn daraus folgen, wenn ich sage, es gibt keine belastbaren, sicheren Grundlagen, eigentlich kann ich nichts tun? Als Mensch kann man das nicht ernsthaft mit seinem Leben machen. Natürlich tue ich etwas.#

Einer seiner Beiträge ist, der Debatte um Nachhaltigkeit die Konfrontation und Rechthaberei zu nehmen: #Wenn man Nachhaltigkeit in der Gesellschaft will, dann muss man die Debatte befreien von dieser totalen Verbissenheit.#

Eine Anleitung dazu liegt vor.

Endlich im Endlichen

Oder: Warum die Rettung der Welt Ironie und Großzügigkeit erfordert.

Von Fred Luks.

Metropolis Verlag 2010. 272 S., Kart.; e 18,50

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