Ernesto Cardenal verstorben Tod - ©  Foto: APA / AFP / INTI OCON

Ernesto Cardenal: Unbeugsamer Dichter, Priester, Revolutionär

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Über den revolutionären Priester Ernesto Cardenal, der dieses Amt nicht mehr ausüben darf.

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Über den revolutionären Priester Ernesto Cardenal, der dieses Amt nicht mehr ausüben darf.

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Als die sandinistische Revolution am 19. Juli 1979 endgültig über 45 Jahre Diktatur in Nicaragua triumphierte, befand sich unter den in der Hauptstadt Managua einrückenden Revolutionären auch ein Priester: Ein Mann mit schlohweißer Mähne - Ernesto Cardenal. "Es erschien uns wie ein Traum. Für mich - für alle, die es miterlebten. Es war der glücklichste Moment meines Lebens." So charakterisierte der spätere Kulturminister der Sandinisten und radikale Vertreter einer "Theologie der Befreiung" diesen historischen Moment.

Von der Revolution und der Aufbruchsstimmung jener Zeit ist fast nur mehr die Erinnerung geblieben, doch mit ihr bleibt untrennbar der Namen des Dichters, Priesters und Revolutionärs Ernesto Cardenal verbunden. Der heute 84-jährige Nicaraguaner gilt als unbeugsam und kompromisslos - wenn es um seine Ideale geht; sowohl mit dem Vatikan als auch mit seinen ehemaligen Genossen hat er gebrochen. Wer Ernesto Cardenal interviewt, dem fällt sogleich auf, dass er ein ganz nach innen gekehrter Mensch ist - seine Aussagen jedoch stets von außergewöhnlicher Weltoffenheit zeugen.

Von der Revolution und der Aufbruchsstimmung jener Zeit ist fast nur mehr die Erinnerung geblieben, doch mit ihr bleibt untrennbar der Namen der Dichters, Priesters und Revolutionärs Ernesto Cardenal verbunden.

Der Dichter darf bis heute sein Priesteramt nicht mehr ausüben. Es gilt ein noch unter dem verstorbenen Papst Johannes Paul II. ausgesprochenes Verdikt, weil Cardenal Kulturminister und Priester gleichzeitig sein wollte. In Erinnerung bleibt eine Szene auf dem Flughafen von Managua: Es war 1983, da ließ sich Johannes Paul II. dazu hinreißen, den Dichterpriester und Revolutionär mit erhobenem Finger zu rügen und von ihm die "Ordnung seiner Angelegenheiten" einzufordern.

Der Hintergrund: Dem antikommunistischen polnischen Papst war die Allianz zwischen Vertretern der "Theologie der Befreiung" und Marxisten in Lateinamerika ein Dorn im Auge. Cardenal beugte sich nicht, blieb weiter Kulturminister und darf bis heute sein Priesteramt nicht mehr ausüben.

Auch mit seinem früherem Weggenossen Daniel Ortega - jetzt in Nicaragua wieder Präsident - hat sich Ernesto Cardenal überworfen, ihm "Machtmissbrauch", "Korruption" und "Verrat an den Idealen der Sandinistischen Bewegung" vorgeworfen. Von einem Präsident Daniel Ortega hörigen Richter - so Cardenal - sei er "mit fadenscheinigen Begründungen zu einer Geldstrafe verurteilt worden". Die will er nicht zahlen, eher gehe er ins Gefängnis. Der Hintergrund: Seit Jahren versucht eine Abspaltung seiner urchristlicher Gemeinde vergeblich auf der Insel Solentiname ihn gerichtlich zur Herausgabe eines kleinen Hotels zu zwingen.

Gerade mit dieser "urchristliche Gemeinde" ist Ernesto Cardenal in den siebziger Jahren berühmt geworden. Mit einer Schar von Getreuen verließ er die Stadt und gründete auf der abgelegenen Inselgruppe Solentiname eine urchristliche Gemeinde, um nur mehr "für und mit den Armen zu leben". Aus jener Zeit stammt das lyrische Werk "Das Evangelium der Bauern von Solentiname", mit dem Cardenal berühmt wurde. Bis heute ist der Name Cardenal mit der Insel verbunden.

Der Autor ist Religionsjournalist beim ORF.

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