Kirche(n) im EU-Dorf

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Kaum war der Entwurf der ersten 16 Artikel für eine EU-Verfassung veröffentlicht, folgten Proteste auf dem Fuß: kein Gottesbezug sei darin enthalten, der Osservatore Romano, das offizielle Sprachrohr des Vatikans, übte diesbezüglich scharfe Kritik.

In der in den letzten Wochen - auch von der Furche - geführten Diskussion um Gott und die EU-Verfassung sind aber mindestens zwei Präzisierungen notwendig:

* Erstens handelt es sich nicht um einen "Gottesbezug", der da ins europäische Verfassungswerk hineinzureklamieren wäre. Nein, kein "In God we trust" soll festgeschrieben werden. Mit Recht weisen Kritiker auf die säkularen Verfassungstraditionen in Europa hin, und es gibt sehr, sehr gute Gründe, Gott nicht für das Menschenwerk einer Verfassung zu missbrauchen. (Wie sehr muss man - nicht zuletzt wegen des Gottesbezugs in der US-Verfassung - zur Zeit fürchten, dass der christliche Gott sogar für einen Präventivkrieg politisch instrumentalisiert wird!) Worum es bei dieser Diskussion vielmehr gehen muss, ist die Einbindung des religiösen Erbes und der Religion(en) in eine allfällige Formulierung der sozialen Identität Europas.

* Zweitens gehört diese Definition in die Präambel zur Europäischen Verfassung. Nicht nur die Kirchen, auch Vertreter der Europäischen Volkspartei im Verfassungskonvent (darunter der von der österreichischen Bundesregierung entsandte Johannes Farnleitner), treten dort für einen entsprechenden Passus ein. Doch ein Entwurf für diese Präambel zum Verfassungsvertrag wurde bis dato noch gar nicht vorgelegt.

Bei allem Verständnis fürs "religiöse" Lobbying in Sachen EU-Verfassung wäre allzu große Aufregung zum jetzigen Zeitpunkt mehr als verfrüht: Noch kann man die Kirche(n) getrost im EU-Dorf lassen.

otto.friedrich@furche.at

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