Valentinstag - © Foto: Bianca Mentil / Pixabay

Valentin und die fallsüchtigen Verliebten

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Warum die Blumenhändler eigentlich der Gottesmutter Maria, dem Evangelisten Lukas, den Liturgiereformern und einem unbekannten Dichter zu danken haben.

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Warum die Blumenhändler eigentlich der Gottesmutter Maria, dem Evangelisten Lukas, den Liturgiereformern und einem unbekannten Dichter zu danken haben.

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In diesen Tagen ist es wieder soweit; dann haben Blumenläden, Konfiserien und Bijouterien einen großen Zulauf, und die Altvermählten und die Jungverliebten haben ihre große Stunde. Verantwortlich dafür ist entgegen einer weitverbreiteten Meinung nicht der heilige Valentin, sondern, allerdings bloß indirekt, die heilige Maria.

Genau so wenig wie von ihr wissen wir vom heiligen Valentin, ob er jemals verliebt war. Möglich wäre es ja. Verliebtheit und Heiligkeit schließen einander bekanntlich nicht aus. Leider ist uns aber über Valentins Lebenswandel praktisch nichts bekannt. Höchstwahrscheinlich war er Bischof von Terni. Sicher ist, daß er vom 4. Jahrhundert an als Heiliger verehrt wurde und später mit einem Priester und Märtyrer gleichen Namens, der im 3. Jahrhundert in Rom lebte, verwechselt wurde. Logischerweise fällt beider Festtag auf den Valentinstag. Und der wird am 14. Februar gefeiert. Außerdem soll im 5. Jahrhundert auch in Rätien ein Bischof Valentin gelebt haben (Gedenktag: 7. Januar). Ganz im Gegensatz zu seinen Namensvettern hat letzterer jedoch mit Mimosensträußchen, Pralinen und Amuletten aus falschem Gold nichts im Sinn.

Daß die Herzen aus Schokolade und der Name des Bischofs von Terni am 14. Februar in aller Munde sind, hängt, wie gesagt, mit Maria, genauer, mit der Feier der Darstellung des Herrn (Mariä Lichtmeß oder Mariä Reinigung, wie man früher sagte) zusammen. Die Kirche begeht dieses Fest vierzig Tage nach Weihnachten, am 2. Februar. Es geht auf eine Notiz im Lukasevangelium zurück, nach welcher Jesus entsprechend der mosaischen Weisung vierzig Tage nach seiner Geburt im Tempel Gott geweiht wurde: "Dann kam für Maria und Josef der Tag der vom Gesetz des Mose vorgeschriebenen Reinigung. Sie brachten das Kind nach Jerusalem, um es dem Herrn zu weihen."

Im Gedenken an diese Wallfahrt der Heiligen Familie nach Jerusalem führte die Kirche im 6. Jahrhundert das Fest Mariä Reinigung ein, das später aufgrund der damit verbundenen Lichterprozession auch unter der Bezeichnung Mariä Lichtmeß bekannt wurde.

An dieser Stelle wird der Umweg, der uns zum Valentinstag führt, immer unübersichtlicher. Wie heute noch in den Ostkirchen üblich gedachte man der Geburt Jesu anfangs am 6. Januar (Epiphanie = Erscheinung des Herrn). Demzufolge fiel das 40 Tage nach Weihnachten fällige Fest Mariä Reinigung oder Mariä Lichtmeß ursprünglich auf den 14. Februar. Während der an diesem Tag üblichen Lichterprozession wurde ein Wechselgesang vorgetragen, der so beginnt: "Zion, schmücke dein Brautgemach, nimm auf Christus, den König...". Jerusalem als Braut und Christus als Bräutigam - dieses Bild hat sein Vorbild in alttestamentlichen Texten, in denen das Volk Israel als Braut Jahwes bezeichnet wird.

In Frankreich gilt der Valentinstag seit Menschengedenken als Tag der Brautleute, in Belgien und England begeht man ihn seit dem 14. Jahrhundert als Tag der offenen Herzen, und in den Vereinigten Staaten können sich die Verliebten in einem Schaltjahr 366 Tage lang überlegen, was sie einander zum nächsten Love day verehren möchten.

In der Schweiz begannen 1948 die ersten Werbefeldzüge für das Blumenschenken am Valentinstag; Deutschland und Österreich zogen zwei Jahre später nach. Dabei wissen die wenigsten Blumenhändler, daß der hl. Valentin an ihrem Umsatz in keiner Weise beteiligt ist. Vermutlich ahnen die wenigsten Verliebten, daß sie ihre Geschenke letztlich nicht dem Bischof aus Terni verdanken, sondern der Gottesmutter, dem Evangelisten Lukas, den Liturgiereformern und einem unbekannten Dichter, der vor Jahrhunderten für die Prozession zu Mariä Lichtmeß einen lateinischen Hymnus ersonnen hat, der heute leider in Vergessenheit geraten ist.

Die Erinnerung daran, daß man früher einmal am 14. Februar die Ankunft des "Bräutigams" besungen hatte, blieb erhalten und bewirkte, daß der heilige Valentin ungefragt mit einer für einen Bischof vielleicht etwas außergewöhnlichen Aufgabe betraut wurde. Ursprünglich wurde er nämlich von den Fallsüchtigen angerufen. Aber deutet der englische Ausdruck fall in love denn nicht darauf hin, daß es sich bei der Verliebtheit eigentlich nur um eine besondere Art von Fallsucht handelt?

Der Autor ist Professor für Fundamentaltheologie an der Theologischen Fakultät des Minoritenordens San Bonaventura in Rom.

Imbach: Heiligen Schein - © Foto: Echter
© Foto: Echter
Buch

Der Heiligen Schein

Heiligenverehrung zwischen Frömmigkeit und Folklore
Von Josef Imbach
Echter Verlag, Würzburg 1999
224 Seiten, brosch., 19,80 €

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