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Digital In Arbeit

Vorgriff auf die Zukunft

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Sicher ist, daß die neuen Informationstechnologien unser Leben verändern werden. Wie, das ist noch nicht so ganz klar. Ein Multimedia-Experiment in der Stadt Orlando, im Bundesstaat Florida, soll das nun klären. „Unser Ziel ist es, so viel wie möglich über das Nutzverhalten zu lernen", erklärte Scott C. McDonald, Forschungschef von Time Warner, beim Rundfunkkongreß der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, eines der Ziele der Initiatoren.

Der Medienriese Time Warner zählt zu den Vorreitern auf dem Gebiet der interaktiven Medien. Gemeinsam mit dem Kommunikationsunternehmen AT&T und dem Computerhersteller Silicon Graphics arbeitet er schon viele Jahre an der neuen Medienwelt, die in Orlando derzeit getestet wird.

Um das ehrgeizige Projekt in die Tat umzusetzen, wurde ein Glasfasernetz neu verlegt und ein eigenes Produktions- und Verteilerzentrum gebaut. Integrierte Datensteuerungen, riesige Rechnerblöcke mit einer Speicherkapazität von mehr als tausend Bildstunden, Digitalisierungssysteme, superschnelle Datenkomprimie-rungs- und Dekomprimierungssyste-me sowie Netzkapazitäten, die fähig sind, die Bilderflut zu übertragen, wurden entwickelt.

Das „Füll Service Network", wie das kommerzielle, interaktive Fernsehservice von Orlando genannt wird, verfügt über sechzehn sogenannte „Tresore" (vaults), die je 96 Festplatten mit einer Speicherkapazität von zwei Gigabytes enthalten. Diese Kapazität soll schon bald verdoppelt werden.

Time Warner Cable, eine Tochter von Time Warner, hat in jedem Haushalt einen leistungsfähigen Computer, der als Dekoder dient, eine spezielle Fernbedienung, eine Spielkonsole und einen Farbdrucker kostenlos installiert, um die Akzeptanz beim Publikum zu erhöhen. Besonderer Beliebtheit sollen sich derzeit „Videos auf Abruf" erfreuen.

Gemeinsam mit dem Nachrichtenmagazin „Time" wurde ein völlig neuartiges Informationsservice „TNX News Exchange" entwickelt. Dabei werden die Nachrichtensendungen der Fernsehanstalten CNN, ABC, NBC und anderer aufgezeichnet. Die Sendungen werden in ihre Einzelbeiträge zerschnitten und danach nach inhaltlichen Kriterien neu geordnet. Der Kunde kann sich schließlich, je nach Wunsch, seine eigenen Nachrichten „maßschnei-dern" und Berichte verschiedener Sender zu einem bestimmen Thema abrufen: Politik, Wirtschaft, Kunst... Mit SITV (Sport-auf-Abruf) hat man für Sportsendungen ein ähnliches System eingerichtet.

Im Teleshopping-System des „Füll Service Network" bewegt sich der Fernsehzuschauer durch ein virtuelles dreidimensionales Einkaufszentrum. Er kann Geschäfte besuchen, Kataloge durchsehen und die ausgestellten Objekte um ihre eigene Achse drehen, um sie von allen Seiten mustern zu können. Dabei berät ihn ein virtueller Fachverkäufer.

Auf dem Bestellzettel, der am Bildschirm erscheint, gibt der Kunde nur seinen persönlichen Code ein und der Kauf ist abgeschlossen. Die Konten der Netzwerkteilnehmer sind nämlich bereits gespeichert.

In Vorbereitung befinden sich derzeit noch Projekte wie das Bildtelefon und der elektronische Zahlungsverkehr. Die Möglichkeiten scheinen unbegrenzt, nach Ansicht der Fachleute - alles nur eine Frage der Rech-nerkapaziäten.

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