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Digital In Arbeit

Alltag im Büro 2000: „Hallo, hier spricht

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Was auch immer wir uns heute unter dem Jahr 2000 vorstellen mögen - es ist wahrscheinlich falsch. Spekulationen über die technologische Entwicklung der Zukunft (Science fiction) waren aber schon immer ein anziehendes Thema. Was kann man dennoch realistischerweise über die „Bürokommunikation von morgen" sagen?

Noch 1970, als die Wissenschafter bereits erahnen konnten, wie schnell die Computerkosten'fallen würden, prophezeite dennoch niemand den Taschenrechnern einen großen Markt; niemand sah voraus, was die Videospiele den anderen Freizeitindustrien antun würden. Heute ist die Technologie bis zu einem Punkt vorgerückt, an dem unsere Anrufbeantworter miteinander telefonieren, unsere Computer einander elektronische

Meldungen zukommen lassen und sogar unser guter alter Taschenkalen-derplötzlich elektronisch funktioniert. Wie lange dauert es noch, bis die Maschinen an unserer Stelle ins Büro gehen?

I Jede Bemühung, den grandiosen Zustand darzustellen, in den der Computer unsere Lebensweise um die Jahrtausendwende versetzt haben wird, ist - gemessen an vergleichbaren Spekulationen in der Vergangenheit - fast einer gewissen Lächerlichkeit preisgegeben. Neue Technologien brauchen einfach ihre Zeit, um sich durchzusetzen.

Große EDV-Anbieter sprechen von der „totalen Vernetzung"; wer sich heute im EDV-Business auch nur ein bißchen „up to date" geben will, spricht nur mehr in den Dimensionen von „LANs" (Local Area Networks) oder „WANs" (Wide Area Networks). Bildtelefone sind (im Gespräch) genauso selbstverständlich wie Video-conferencing oder Multimedia-Applikationen (was auch immer darunter verstanden wird; denn selbst Experten sind uneins über diesen Begriff, siehe Dossier).

Doch wie sieht's in der Praxis aus? Man darf natürlich nicht davon ausgehen, daß in kleinen Büros oder auch in mittelständischen Unternehmungen bereits die totale Computer-Revolution stattgefunden hat. In vielen großen Firmen geht der firmeninterne Transport von Dokumenten heute noch mit den alten Unterschriftenmappen, oder großen, braunen Kuverts mit verschiedenen Adreßfeldern vor sich. Die so beliebt gewordenen Personal Computer (PC), aber auch Telefax-Geräte stehen heute allerdings fast in jedem Kleinstbüro.

Aber sogar der PC - ein Paradebeispiel für eine Technologie, die sich durchgesetzt hat - hatte nicht von Anfang an den Erfolg, den er heute, zehn Jahre nach seiner „Geburt" hat. Der 34jährige Microsoft-Gründerund Branchenguru Bill Gates erklärte erst unlängst in einem amerikanischen Zeitungsinterview: „Wir sprachen bereits 1975 bei Microsoft vom PC. Aber unsere ersten 13 Kunden waren bankrott, bevor wir einen PC-Hersteller hatten, der überlebte. Das war die Firma Apple Computer."

Viele innovative Ideen haben ihren Ursprung bei dem kalifornischen Hersteller mit dem bunten Apfel-

Logo. Der heute 49jährige Alan Kay etwa, High Tech-Guru bei Apple, ersann das bisher nicht realisierbare Konzept eines notizbuchgroßen Computers, der jede beliebige, digitalisierte Informationsquelle anzapfen kann. „Der Computer wird zu einem intimen Werkzeug", wünscht sich Kay, „das immer eingeschaltet und mit umfassenden Informations-Res-sourcen verbunden ist." Eine solche Maschine soll für den Anwendereine Art „persönlichen Agenten" darstellen, dessen Aufgabe darin besteht, rund um die Uhr Daten abzuklopfen und jede gewünschte Information zu beschaffen.

Einen ähnlichen Ansatz hat High-Tech-„Philosoph" Ted Nelson, der das Konzept nicht-linearer Hyper-Textsysteme entwickelt hat. Aus diesem Konzept hat sich dann das spätere Apple-Programm Hypercard ent 3J

wickelt, das - vereinfacht ausgedrückt - darauf basiert, daß das menschliche Gehirn nicht linear denkt, sondern assoziativ-vemetzend. Der „psychologische Trick" bei all diesen Systemen ist einfach der, daß der Anwender dort getroffen 'wird, wo er für Reize am empfänglichsten ist: Im bildhaften Denken.

Aber auch in unseren Breiten gibt es Branchenkenner, die für das magische Jahr 2000 PCs in Postkartengröße prognostizieren; mit faltbarem, farbigen Flachbildschirm und Sprach-eingäbe-Möglichkeit. (Im Werbejargon werden multidimensionale Anforderungen solcher Natur, die an ein Produkt gestellt werden, mit der Bezeichnung „eierlegendes Wollmilchschwein" umschrieben.)

Nun - wo verschwimmt Wirklichkeit mit Wunschvorstellung - welche Prognosen sind realistischerweise denkbar und wo ist die Grenze zu Anwendungen, die - zumindest in allernächster Zukunft - Träume bleiben?

Es gibt viele neue Ansätze in der

Theorie. Erfahrungsgemäß dauert es bei solchen Entwicklungen aber eine Weile, bis sie auch wirklich in die Praxis umgesetzt werden.

Eine interessante BUroanwendung, die es tatsächlich gibt, die aber noch erstaunlich wenig eingesetzt wird, ist das sogenannte „E-(lectronic) Mail": Die Möglichkeit also, von jedem „Persönlichen Computer" aus, mit allen Mitarbeitern im Haus (oder sogar in anderen Ländern) in Verbindung zu treten. Was ist eigentlich positiv an einer solchen Anwendung?

Beim E-Mail-System hat jeder Anwender, dessen Computer-Arbeitsplatz in ein PC-Netzwerk eingebunden ist, sein eigenes, persönliches „Brieffach", wo Nachrichten hingeschickt, aufgegeben und aufgehoben werden können.

Der Vorteil besteht vor allem darin, daß man zu jeder Tages- und Nachtzeit kleine Notizen an jemanden schreiben kann (ähnlich wie auf die kleinen, gelben Post-it Klebezettelchen, die als praktische Gedächtnisstütze dienen und sich daher fast in jedem Büro durchgesetzt haben) -und sie dann elektronisch verschickt.

An eine solche Notiz können aber zusätzlich auch verschiedene - längere und kürzere - Dokumente angehängt werden, die der Adressat am Computer lesen, korrigieren und wieder zurückschicken kann. (Diese Anwendung läßt sich sowohl in einem PC-Netzwerk verwirklichen, als auch in einem Netzwerksystem, das von einem einzigen Großrechner gesteuert wird, an dem mehrere „dumme" Terminals hängen.)

Für kürzere Nachrichten gibt es auch das „Voice Mail", das entweder mit E-Mail kombiniert sein kann, oder eine erweiterte Form des Anrufbeantworters ist. (Bei dieser Technologie werden die Texte nicht auf Magnetbänder, sondern auf Platten gespeichert.)

Mit der zunehmenden Verwendung von Fax-Geräten entstand nach und nach ein allgemeines Interesse und Bewußtsein für die elektronische Datenübertragung. Die alltägliche Kontaktaufnahme zwischen PCs und Mail-Boxen erfolgt meist über ein Modem (ein solches Zusatzgerät funktioniert im Prinzip ähnlich wie die Übertragung per Fax: Es ermöglicht den Datenaustausch über eine Telefonleitung, nur daß seine Datenüber-

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