„Freundschaft zwischen den Völkern Österreichs und der DDR“ - so prangte es groß in allen Blättern, die Anfang April auf dem Ost-Berliner Flughafen Schönefeld in den Zeitungskiosken aufgelegt waren. Gerade wurde Bundeskanzler Kreisky mit ebenso großem Zeremoniell wie bei seiner Ankunft von den Gastgebern verabschiedet. Tags zuvor hatte der österreichische Regierungschef bei der riesenhaft aufgezogenen Pressekonferenz jeder Bauernfängerei mit gleichen Waffen, eben „Bauernschlauheit“, widerstanden. Ein Glück, daß dieser und kein anderer Vertreter des Westens als erster
„Warum genehmigt die staatliche Zensur, die Texte zu religiösen Themen aufmerksam beäugt, auf so einfache Weise den Druck von moralisch schädlichen Büchern und Zeitschriften?“ Das ist nur ein Satz aus dem Hirtenbrief des polnischen Episkopats, der in der Adventszeit 1977 von allen Kanzeln verlesen wurde. Damit ist zum ersten Mal auch der westlichen Welt ohne Beschönigung mitgeteilt worden, daß die Auflösung der sittlichen Grundnormen in Polen ein beunruhigendes Ausmaß angenommen hat. Und dies nicht nur mit stillschweigender Duldung des Staates, sondern mit seiner tatkräftigen
Nachts dröhnten nebenan die Bagger, suchten Helfer von Armee und Rotkreuz nach Überlebenden, drang das infernalische Gemisch aus Staub und Chlor durch die Fensterritzen. Nachts aber zog auch der Conducator mit seiner Equipe von einer zur anderen Einsturzstelle, beflügelte die Mannschaft, bewies hellseherische Qualitäten und sorgte dafür, daß sein Name am nächsten Morgen in den Schlagzeilen der Zeitungen auch in den Katastrophenmeldungen über das Erdbeben noch den grüßten Raum einnahm.Das war im März des Jahres 1977. Nach den zwei großen Flutkatastrophen der vorangegangenen Jahre,
Mehr als eine halbe Million Menschen, so hat die westdeutsche CDU in eigenen Recherchen festgestellt, wollen so bald wie möglich die Länder, die ihnen und ihren Vorfahren zur Heimat wurden, verlassen und in die Bundesrepublik übersiedeln. Nur dort, so hoffen und glauben sie, könnten vor allem ihre Kinder wirklich menschenwürdig leben-in einer durchschaubaren, initiativen und trotz aller ihrer Mängel lobenswerten Ordung. Größere persönliche Anstrengungen warten zwar auf sie, der Staat ist nicht mehr Mädchen für alles - aber es ist dann eben ihr Staat, ihre Gesellschaft und sicherlich
Der Ostberliner evangelische Bischof Alb recht Schönherr befaßte sich in einem längeren Aufsatz mit der Situation seiner Pfarrer und Gemeinden, vornehmlich in den Dörfern der Mark Brandenburg. Das Ergebnis: die Isolierung wächst mit dem Quadrat der Entfernung von den Großstädten.Noch stehen in den Dörfern und Kleinstädten der DDR Kirchen und Pfarrhäuser, beraten Gemeindekirchenräte und werden Kinder kateche- siert, verlangen die Einwohner regelmäßige Gottesdienste und werden bei Beerdigungen die Pfarrer gewünscht. Gleichzeitig aber schrumpfen die Zahlen, sowohl bei den
Aus allen Rohren schießt die DDR, um die brüchig gewordene „kapitalistische Moral“ endgültig am Boden zu zerstören. Jede westliche Pleite wird begierig aufgegriffen, jede Sumpfblüte wirtschaftlicher und kultureller Halb- und Unterwelt wird als typisches Gewächs des Westens dargeboten, jeder im Westen freimütig aufgedeckte Skandal genießerisch herumgereicht. Von den 99 Prozent „normal“ lebender Menschen dagegen schweigt man. Und man schweigt auch von den eigenen Spezialitäten.Zu diesem gehört zweifellos der Umgang mit fremdem Eigentum. Allein im Jahre 1975 - die letzte
Polen macht wieder von sich reden, knapp ein Jahr nach den blutig niedergeworfenen Aufständen in Radom und Ursus. Kürzlich demonstrierten Tausende von Studenten in Krakau gegen den mysteriösen Tod ihres Kommilitonen Stanislaw Pyjas, der mit schweren Verletzungen in einem Hausflur aufgefunden worden war. Fast zur gleichen Zeit wurde nur wenige Kilometer von Krakau entfernt, in der „ersten sozialistischen Stadt“ Nova Huta, in Anwesenheit von Zehn tausenden, ein neues Gotteshaus geweiht.Sicherlich ist das Zusammentreffen beider Ereignisse eine geographische Zufälligkeit - innerlich
Eine Stunde beträgt diesmal nur die Wartezeit. Es ist Festzeit in der CSSR, und schon die Grenze präsentiert sich in vollem Flaggenschmuck. Der 1. Mai mit seinen Jubeldefilees ist vorüber - der 9. Mai steht bevor. Flaggen, Plakate und Exponate in den Schaufenstern kombinieren sehr rationell beide Anlässe: Jubel über die Arbeit und über die Befreiung. Auch in den Flaggen wiederholt sich das doppelte Spiel: Blau-weiß-rot zur Linken, rot mit Hammer und Sichel zur Rechten. Die CSSR präsentiert sich als das einzige Land der Welt, in dem' zwei Nationalflaggen zugleich in Geltung
Auf den Schreibtischen der DDR- Behörden türmen sich die Anträge zu Bergen. Es geht um die Entlassung aus der Staatsbürgerschaft Prominente dieses Staates, wie der jüngst wegen eines solchen Antrags inhaftierte Ostberliner Sprachwissenschaftler Hellmuth Nitsche, schätzen die Zahl der bisher eingereichten Anträge auf über 200.000. Damit würde, sämtliche nahen und weiteren Familienangehörigen eingerechnet, bald die Millionen- grenze erreicht sein.Eine Lawine ist in Bewegung geraten, die - würde sie nicht rechtzeitig gestoppt - für den ostdeutschen Staat ähnlich katastrophale Folgen
Die „Prager Volkszeitung” jubilierte selbstgerecht in einer Aufzählung von Krisensymptomen in westlichen Ländern, vor allem in der Bundesrepublik Deutschland: Arbeitslosigkeit, Zunahme der Betriebsunfälle und nicht zuletzt Anwachsen des Terrorismus dort - Sicherheit garantierter Arbeitsplätze und Ruhe dagegen im eigenen Lande. In der Tat: Wer einmal durch Terror die Macht erobert und gegen alle „Konterrevolutionäre” erfolgreich verteidigt hat, ist vor politischem Terror, wie er sich im Westen häuft, auf recht beruhigende Weise geschützt. Er kann ruhig schlafen, solange sein
Auf der 6. Tagung des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei in der CSSR wurden jetzt drei Themen behandelt Zwei von ihnen waren rasch erledigt: die „Entfaltung des tschechoslowakischen Bauwesens“ und „das Budget der Kommunistischen Partei der ÖSSR für 1977“. Ohne Angabe von Zahlen und Fakten wurden sie deklariert, zur Kenntnis genommen und genehmigt.Eingerahmt von diesen beiden Traktanden war eine seitenlange Deklaration „zum 60. Jahrestag der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution“, in der Symbolsprache des Landes als „Roter Oktober“ apostrophiert, der - wie könnte
30 Jahre nach der „Befreiung“ der Tschechoslowakei vom „Joch des Kapitalismus“, ein Jahr vor der Wiederkehr jenes schicksalträchtigen Februars, weisen blutrote Plakate auf ein Jubüäum hin, das wohl während des ganzen Jahres 1978 kein Ende nehmen wird. Während die Parteizeitungen täglich neue Ergebenheitsadressen derer veröffentlichen, die unbefragt und wohl auch aus Angst vor Folgen für ihre Kinder, mit einer Unterschrift gegen die Unterzeichner der Charta 77 Stellung beziehen, wissen die Blätter im Westen zu berichten, daß die Bürger der CSSR von nackter Existenzangst
Es ist modern geworden, von Dissidenten im kommunistischen Lager zu sprechen. Rechtzeitig meldet sich jetzt ein Mann zu Wort, der für seine Kritik am Sozialismus weltweit berühmt und im eigenen Lande bestraft wurde, so daß man ihn getrost einen Klassiker unter den Kommunismus- kritikem nach dem Zweiten Weltkrieg nennen kann: Milovan Djilas. Was er in seiner „Neuen Klasse” für den Prozeß der Auflösung des Kommunismus, hervorgerufen durch kritiklose Selbstanbetung vorausgesagt hat, das scheint sich nun zu bewahrheiten. In der Londoner Zeitschrift „Survey” hat Djilas kürzlich mit
Kaum haben die Bürger der CSSR die zwischen Eigenlob und neuen Leistungsparolen schwankenden Ansprachen ihrer Regierenden am Jahresbeginn hinter sich gebracht, wendet sich ihre Aufmerksamkeit einem sehr viel bedeutsameren Problem zu: den Reisedevisen. Wer im Jahr 1977 in ein „kapitalistisches” Land oder auch nur nach Jugoslawien fahren will, muß sich sputen, auf vorgedruckten Formularen der Staatsbank seine Reisewünsche einzutragen. Ist der Antrag glücklich abgeliefert beginnt eine nervenverzehrende Wartezeit - und zu Frühlingsanfang, am 21. März, erfolgt die Devisenzuteilung.Oder
Sie konnten zueinander nicht kommen, obwohl nur wenige Meter sie trennten. Obendrein wußte der englische Premierminister Callaghan in einer Fragestunde des britischen Unterhauses nichts von der Anwesenheit Wladimir Bukowskis, der die Sitzung von der Tribüne aus verfolgte. Als die Oppositionsführerin Margaret Thatcher den Premierminister aufforderte, sich mit Bukowski zu treffen, um von ihm aus erster Hand über die Verhältnisse in den Gefängnissen und Lagern, „Kliniken” und Zuchthäusern der UdSSR orientiert zu werden, lehnte Callaghan ab. Die Position der Regierung hinsichtlich des