Brandauer bietet Bildung

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Shakespeares "Hamlet" im Burgtheater: Schauspielkunst statt Regietheater.

Very british, mit Edward Elgars "Pomp and Circumstance", beginnt die neue "Hamlet"-Inszenierung im Wiener Burgtheater. Starke Bilder bleiben in Erinnerung - etwa Ophelia in der Haltung von Andersens kleiner Meerjungfrau, im Hintergrund Küste, Meer und nächtlicher Himmel wie auf einem frühen William-Turner-Gemälde (Ausstattung: Peter Pabst). Über die Bühne zieht sich ein Rinnsal, dass in ein tieferes, am Ende vom Blut gerötetes Gewässer mündet.

Shakespeares Tragödie vom Dänenprinzen, den sein Vater - vom eigenen Bruder um Leben, Thron und Gattin gebracht - als Geist zur Rache aufruft, erweist sich einmal mehr als ein Höhepunkt allen dramatischen Schaffens. Krampfhafte Aktualisierungen oder eindimensionale Regietheater-Interpretationen lagen Klaus Maria Brandauer fern: Er wollte das Drama für "Bildungsbürger" inszenieren - und dürfte damit beim Publikum, weniger bei den Kritikern, Erfolg haben.

Brandauer liefert kein Regiekunstwerk, sondern erzählt mit erstklassigen Schauspielern eine Geschichte. Warum die Story so abläuft - nämlich mit dem Tod des Helden, während dieser in der im Programmheft abgedruckten Quelle, Saxo Grammaticus, König wird -, ist eine bleibende Frage. Die immer mehr Gewicht erhaltende Theorie, Shakespeare sei aktiver Geheimkatholik gewesen, lässt auch sein Werk in neuem Licht erscheinen: Wird Hamlet für ihn dadurch zur schuldigen und damit tragischen Figur, weil er den gerade betenden König Claudius deshalb schont, weil er ihn nicht nur töten, sondern auch in die Hölle schicken will?

Während Peter Brook seine packende "Hamlet"-Inszenierung mittels der Wächterfrage vom Anfang "Wer ist da?" auf die Sinnfrage und Transzendenz zuspitzte, lässt Brandauer am Ende den nun zur Herrschaft gelangenden Fortinbras fragen: "Was ist der Mensch, wenn seiner Zeit Gewinn, sein höchstes Gut nur Schlaf und Essen ist?" Shakespeare hat diesen Satz freilich schon einen Akt früher der Titelfigur in den Mund gelegt - zu der er weit besser passt als zu dem jungen norwegischen Haudegen, den Brandauer aus nicht wirklich einsichtigen Gründen - wie auch den Geist von Hamlets Vater (Maria Hengge) - mit einer in schwerer Rüstung auftretenden Frau (Johanna Eiworth) besetzt hat.

Für Brandauer ist "Hamlet" - schließlich ist eine Schlüsselszene Theater im Theater - vor allem auch eine Hommage an die Schauspielkunst. Michael Maertens ist kein blasser Hamlet, aber einer, auf den man sich erst einstellen muss. Auch das Königspaar, hier mit Vorliebe fleischlichen Gelüsten hingegeben, wirkt bei den Komödianten Robert Meyer (Claudius) und Maria Happel (Gertrud) ungewohnt, aber nicht schlecht aufgehoben. Einprägsame Leistungen liefern noch Daniel Lesch (Laertes), Branko Samarovski (Polonius), Peter Mati´c (Erster Totengräber) sowie mit kleinen Einschränkungen Birgit Minichmayr (Ophelia) und Walter Schmidinger (Erster Schauspieler).

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