Das Massenmedium der Römer

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Was uns das Geld der Römer über die Geschichte des Imperium Romanum erzählt: "Non Olet" im Kunsthistorischen Museum.

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Was uns das Geld der Römer über die Geschichte des Imperium Romanum erzählt: "Non Olet" im Kunsthistorischen Museum.

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Stinkt das etwa?", fragte der römische Kaiser Vespasian seinen Sohn Titus und hielt ihm ein Geldstück unter die Nase. Der Kaiserspross hatte dieselbe nämlich über die Einführung einer Urinsteuer gerümpft. "Es stinkt nicht", musste der verblüffte Titus verneinen. Auf dieser vom römischen Historiker Sueton überlieferten Anekdote beruht das noch heute gebräuchliche Sprichwort "Geld stinkt nicht" ("Pecunia non olet"). Unter dem Titel "Non olet" präsentiert nun das Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums Wien bis mindestens 5. November eine Sonderausstellung über das Geld der Römer, das nicht nur keinen üblen Geruch verbreitet, sondern enorm viel Aufschluss über seine Zeit gibt. Münzen sind nämlich wichtige Zeitdokumente, die oft historisch einzigartige Informationen enthalten.

Die römischen Münzen waren in einer Zeit, in der Massenmedien noch nicht existierten, das einzige Instrument, um Botschaften an weite Teile der Bevölkerung zu vermitteln. Außenpolitische Erfolge sowie innenpolitische Leistungen der Herrscher, aber auch kaiserliche Erlasse wurden auf zahllosen Rückenseitenbildern durch den Handel bis in den letzten Winkel des Imperiums getragen. IVDAEA CAPTA steht auf einer Münze, die Vespasian (69 bis 79 n. Chr.) anlässlich der Niederschlagung des jüdischen Auftandes und der Zerstörung von Jerusalem prägen ließ. Nerva (96 bis 98 n. Chr.) informierte seine Untertanen via Münze, dass er eine ungeliebte Steuer auf Pferde und Maultiere aufgehoben hatte. Vor allem die Möglichkeit, Thronfolger auf Münzen zu präsentieren, wurde von vielen Kaisern genutzt.

Der Siegeszug des Christentums wurde auf Münzen nur zögernd dokumentiert. Christogramme standen an nicht deutlich sichtbaren Stellen der Geldstücke, das Kreuz konnte als Zeichen noch nicht verwendet werden, da es bis ins 3. Jahrhundert als Hinrichtungsinstrument in Gebrauch war. Der Widerstand des Römischen Adels gegen das Christentum ist auch auf Geldstücken dokumentiert: So mancher christenfeindliche Münzmeister setzte partout Isis oder einen Apisstier auf die von ihm geprägten Münzen.

Doch auch alltägliches wurde mittels Münzen vermittelt: Der letzte Schrei aus Rom, vor allem die aktuelle Haar- und Barttracht, drang so bis an die äußersten Grenzen des Imperium Romanum. Dass Trajan (98 bis 117 n. Chr.) eine neue Wasserleitung für Rom hatte erbauen lassen, ist ein Faktum, das nur auf Münzen überliefert ist. Ebenso lässt die Häufigkeit von auf Münzen abgebildeten Heilgöttern während Hadrians Regierungszeit (117 bis 138 n. Chr.) auf eine schwere und chronische Krankheit des Kaisers schließen.

In der Römischen Republik war es noch undenkbar, dass das Bildnis eines Lebenden eine Münze zierte. Der erste, der sein Bild auf Geldstücke prägen ließ, war Julius Cäsar. Diese Anmaßung war ein Mitgrund für seine Erdolchung - was seinen Mörder Brutus nicht daran hinderte, bald danach sein eigenes Porträt auf Münzen verbreiten zu lassen, mit Dolchen und einer Freiheitsmütze auf der Rückseite (ein Motiv, das später die Französische Revolution aufgriff). Vom darauf folgenden Bürgerkrieg an wurden Politikerporträts auf Münzen gang und gebe.

Auch in der Antike kannte man das Phänomen der Inflation, wenn auch anders als mit heutigem Geld. Denn schließlich entsprach der Wert einer Münze dem Wert des Metalls, aus dem sie bestand. Inflation drückte sich durch Qualitätsverschlechterungen des Metalls aus. Nero etwa (54 bis 68 n. Chr.), nach dem Brand Roms in Geldnot geraten, wertete die Edelmetallmünzen ab, indem er ihr Sollgewicht um einige Zehntelgramm verminderte. Unter Septimus Severus (193 bis 211 n. Chr.) drehte sich die Inflationsspirale weiter: Gold und Silber wurden mit billigen Metallen untermischt. Je älter das Imperium, desto galoppierender die Inflation: So wurde der "Follis" innerhalb von 50 Jahren von einer zehn Gramm schweren, silbrigen Münze zu einem Kupferstück von eineinhalb Gramm.

Fälschungen gab es schon in der Antike. So waren Edelmetallmünzen mit Bleikern im Umlauf. Seit der Renaissance werden Sammler antiken Geldes geprellt. In der Renaissance entstand eine regelrechte Industrie, die Falsifikate römischer Münzen herstellte, teils perfekte Nachahmungen, teils Fantasiemünzen, die es im Alten Rom nie gegeben hatte. Besonders gelungene Fälschungen sind heute mitunter begehrter und mehr wert als das antike Original.

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