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Romantische Reiselust mit Niveau

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Eigentlich ist er erst mehr als hundert Jahre nach seinem Tod weltberühmt geworden: William Turner (1775-1851) hat Deutschland und Österreich mehrmals ausgiebig bereist und Hunderte von Aquarellen und Skizzen heimgebracht. Nur ein einziges seiner Gemälde wurde zu Lebzeiten in Deutschland ausgestellt, Ausstellungen rund um seinen 200. Geburtstag, darunter Werner Hofmanns anspruchsvolle Hamburger Schau von 1972, brachten die wirkliche Popularität.

Trotzdem konnte die 150 Blätter, vorwiegend Aquarelle umfassende Schau, die nach Mannheim nun in Hamburg zu sehen ist, in Neuland vordringen. Der Nachlaß des Künstlers - allein dem Staat vermachte er 20.000 Blätter - wurde neu durchgearbeitet. Turner war bestrebt, die zu seiner Zeit nicht hoch angesehene Landschaftsmalerei mit allen Kräften gegenüber den Historienmalern aufzuwerten, mit seiner modernen Seh-weise fand er jedoch wenig Gegenliebe.

Wie die jungen englischen Bildungsreisenden seiner Zeit durchwanderte er leidenschaftlich gern den Kontinent. Nur war Turner viel gründlicher, entdeckte unendlich viel Sehenswertes und nahm es so dauerhaft in sein Bewußtsein, daß er noch nach Jahren flüchtige Skizzen für große Gemälde auswerten konnte.

Wählte er aber Themen, die mit dem Königshaus zusammenhingen, blieben Anerkennung und Förderung von dieser Seite aus. Als Königin Victoria den Prinzen Albert von Sachsen-Coburg und Gotha heiratete, konnte Turner auf verstärktes Interesse für deutsche Themen rechnen. Aber das Gemälde von Schloß Bosenau bei Coburg, das heute Millionen wert ist, wurde von der Königin einfach übersehen. Als er die soeben fertiggestellte Walhalla bei Begensburg malte und das Bild in München ausstellte, wurde es als Verhöhnung des königlichen Erbauers abgetan. Auch die Vision vom unzerstörten Heidelberger Schloß aus der Zeit, als dort Kurfürst Friedrich V. mit seiner englischen Gemahlin regierte,ibrachte wenig Anerkennung. .

Umso hingerissener studiert heute ein zahlreich sich drängendes Publikum jede kleine Skizze eines Künstlers, der so unnachahmlich mit dem Licht, mit den Naturerscheinungen umgehen konnte und romantische Beiselust auf höchstem Niveau formulierte. (Bis 31. März)

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