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Ungleich höheres geistiges und politisches Niveau als jene im Nationalrat hatte die „Habsburg-Debatte“ im Bundesrat. In ihr nahm auch der steirische Bundesrat Hofmann-Welle n h o f das Wort. Er führte unter anderem aus:

„Es gibt keinen Thron-, das große Reich ist zerfallen. Geschichte läßt sich nicht zurückdrehen, und bis zu diesen sogenannten Habsburg-Debatten gab es keine Habsburg-Frage. Gerade dieses Stück Vergangenheit schien mehr als manche andere Teile Vergangenheit bewältigt zu sein.

Was will man in der Jetztzeit damit, wenn man sagt, daß der Ur-Ur-Urvor-fahre des Dr. Otto Habsburg-Lothrin-gen einst ein .Raubritter' war? Vergessen wir bei der Betrachtung des Geschlechtes der Habsburger nicht, daß es immerhin ein Herrscherhaus war, das durch viele Jahrhunderte die Geschichte dieses Landes bestimmt hat. Neben ausgesprochen läppischen Erscheinungen hat es doch eine ganze Reihe von wirklich großen Herrschern gegeben. Wenn man aber nun gerade bei der Person Dr. Otto Habsburg-Lothringens geltend machen will, daß ie es in früheren Jahrhunderten sehr schlechte, beklagenswerte soziale Zustände, soizale Mißstände gegeben hat, so kann das doch nicht in einen Zusammenhang gebracht werden. Kein vernünftiger Engländer wird beispielsweise die gegenwärtige Königin von England für das Elend der Kinderarbeit im vorigen Jahrhundert verantwortlich machen. Dasselbe gilt für die skandinavischen Herrscherhäuser.

Wir sollten unsere innerösterreichische Geschichtsschreibung nicht nach einem schwarz-weißen Schema erstellen, nicht nach einer Freund-Feind-Position, sondern wir müssen endllich zu einer einheitlichen kontinuierlichen österreichischen Geschichtsschreibung kommen. Diese darf nicht rot oder schwarz sein, sie soll rot-weiß-rot, sie soll österreichisch sein! Das gemeinsame Schicksal, die überlebten Katastrophen, haben nur dann einen Sinn, wenn wir wirklich zu einer Gemeinsamkeit kommen.“

Diese Sätze scheinen uns zu schade, um allein in den stenographischen Protokollen des Parlaments ad acta gelegt zu werden. Sie sind Merkworte für Gegenwart und Zukunft.

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