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Moser, Putz und Nestroy

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Im Wiener Festwochenzyklus, gewidmet der Stimme der Freiheit, stellt sich die Josefstadt mit einem Nestroy ein. Jedermann denkt an seine ..Freiheit in Krahwinkel". Diese wurde einem Studententheater iiberlassen. Jedermann weifi; Nestroy heute, in Wien, zu spielen, ist alles andere als leicht, Hier heiBt es Farbe bekennen, und nicht nur dies: hier werden Untiefen, Unsicherhei- ten, Unfreiheiten in uns und unserer Zwischenzeit sichtbar, von denen „man“ gar nioht gerne spricht. Die ..Freiheiten", die man sich mit manchem Nestroy-Stuck in den letzten Jahren nahm, zeigten nicht seiten, wie unfrei wir innerlich sind. Der Kitsch, der sich in diese Sketche ein- schlicht, ein neumodischer Schimmel, sagte mehr, als ihm lieb war. — Nun also, da haben wir es: die ..Freiheit im Krahwinkel" wurde nicht gewagt, statt dessen koalitio- nierte man sich auf den „Kampf“ gegen den „Aberglauben“, gegen die Hollen- angst, die niemandem heutzutage weh tut; inhaltlich ganz uberfliissig ist diese Posse, Nestroys „H 611 e n a n g s t“. Da gibt es nur eine Rettung: begnadete Schauspieler (ein biBchen Scheu haben wir noch vor dieser Bezeichnung) und ein Regisseur, der mit Herz und Hand bei der Sache ist. Das Ereignis des Abends sind m diesem Sinne: Hans Moser und Hans Putz, der hier von groBen Erfolgen in der Feme zu Wien und Nestroy heimkehrt. Wir sag- ten und schrieben es mehrmals in den letzten Jahren: eine Chance (nicht die einzige, so wollen wir hoffen!) fiir die Belebung des Theaters in Wien liegt in einer intensiven, sehr wachen, sehr uber- legten Pflege des Volksschauspiels, dessen Radius durchaus nicht mit Nestroy er- schopft ist. Die Josefstadt hat sich Axel von Ambesser aus Miinchen geholt, um den Wienern zu zeigen, wie man Nestroy spielen kann. Abzusehen ist von einigen bajuwarischen DraHheiten, die zu linear, zu grell sind, und von einigen modischen Eigentumlichkeiten, denen gerade begabte und bekannte Regisseure nicht ungern verfallen (ein Uberspielen, ein Uberkonstruieren, aus Angst, eine Leere, Langeweile, Einfallslosigkeit zu verraten). Dann aber bleibt ein Spiel, das mitreifit, begeistert, erfrischt und erfreut. Dies sei genug. Der Moser und der Putz, dann aber nicht zu iibersehen Luzy Neudecker, Elfriede Ott und das bewahrte Ensemble der Josefstadt (Aichinger, Bosse, Lowitsch, Fochler): sie spielen, laBt sie weiter so spielen ...

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