Schritte zur Aufarbeitung

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Österreichs Protestanten planen ein Wort zu" Christen und Juden". Die Erklärung, die an den 60. Jahrestag der Novemberpogrome 1938 erinnern soll, wird sich vom jüngsten katholischen Schoa-Dokument abheben.

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Österreichs Protestanten planen ein Wort zu" Christen und Juden". Die Erklärung, die an den 60. Jahrestag der Novemberpogrome 1938 erinnern soll, wird sich vom jüngsten katholischen Schoa-Dokument abheben.

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Gerade angesichts des Karfreitags gibt es keinen Anlaß, die Kirche zu schonen." Dies erklärte der evangelische Bischof Herwig Sturm bei einem Pressegespräch in Wien. Sturm bezog sich auf das Verhalten der evangelischen Kirche im Anschlußjahr 1938: "Wir sind eine Kirche mit gebrannten Händen." Die evangelischen Pfarrer hätten einen "Aufbruch des Volkes" gepredigt; nach der enttäuschten Hoffnung wäre eine Abwehrhaltung gefolgt.

Der evangelische Kirchenhistoriker Karl Schwarz erklärte die positive Haltung vieler Protestanten zum Anschluß mit deren Frustration über den Ständestaat, der sich explizit auf die Gegenreformation berief. Oberkirchenrat Robert Kauer berichtete gar von Arbeitern, die aus Protest gegen das Ständestaat-Regime zur evangelischen Kirche übergetreten seien. Schließlich hätte es unter Österreichs Protestanten auch eine große Gruppe gegeben, die der "Los-von-Rom-Bewegung" angehörten. Außerdem wurden in den Jahren vor 1938 Pfarrer und Vikare aus Deutschland in die kleine österreichische evangelische Kirche geschickt; diese waren vielfach nationalsozialistisch geprägt.

Ein Schritt zur Aufarbeitung der Vergangenheit wird die Veröffentlichung eines evangelischen Wortes zu "Christen und Juden" sein, das an die Novemberpogrome 1938 erinnern soll. Oberkirchenrat Johannes Dantine begründete dies mit der notwendigen Korrektur der Theologie, in der der antisemitische Bodensatz ausgemerzt werden müsse. In diesem Zusammenhang kritisierte Dantine das jüngste vatikanische Dokument zur Judenvernichtung, das die theologischen und historischen Entwicklungen der letzten Jahre ignoriere. Bischof Sturm kündigte in diesem Zusammenhang an, daß das evangelische Wort "eindeutig von der Schuld der Kirche" sprechen werde.

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