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Ist Demokratie Diskussion?

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Das österreichische Parlamentsgebäude, von den Kriegsereignissen schwer mitgenommen, erstrahlt nach dem Wiederaufbau im alten Glanz. Nur der Sitzungssaal des ehemaligen Herrenhauses, der in der Ersten Republik als Abgeordnetenhaus verwendet wurde, harrt noch des Wiederaufbaues, besser gesagt, des

Neubaues, da er völlig zerstört ist. Ein Projekt für den Wiederaufbau liegt bereits vors es zeigt den Saal in seiner alten Form, mit amphitheatralisch emporsteigenden Bäpken, vor denen sich die Bühne mit dem Sitz der Präsidenten, dem Rednerpult upd der Regierungsbank befindet.

Gegen diesen alt-neuen Plan nun melden sich Bedenken. Wenn sich schon ein völliger Neubau als notwendig erweist, warum wird nicht auf die Form des Sitzungssaales im Ursprungsland der Demokratie, in England, gegriffen? Im britischen Parlament besteht der Sitzungssaal aus einem Rechteck, an dessen beiden Seiten, mäßig ansteigend, sich die Bänke der Abgeordneten befinden. An einer Stirnseite des Saales ist der Sitz des Präsidenten, des Speakers. Links vom Speaker sitzt die Opposition, rechts die Regierungspartei, was bei einem Regierungs- und Parteienwechsel die Abgeordneten von einer Seite auf die andere zu „wandern“ zwingt. Außerdem gibt es in diesem Saal keine festen Sitzplätze, nur die Regierung hat durch Gewohnheit das Recht, auf der ersten Bank rechts vom Speaker Platz zu nehmen, die Führung der Opposition sitzt ihr gegenüber. Alle anderen Abgeordneten können sich setzen, wohin sie wollen, die Oppositionellen natürlich immer links, die Anhänger der Re- gierung immer rechts. Die Abgeordneten und auch die Mitglieder der Regierung sprechen nie von einem Rednerpult, sondern von ihren Sitzen. Durch diese Anordnung ist erreicht worden, daß im britischen Unterhaus auch wirklich debattiert wird. Die kalte Langeweile, die manche Parlamentssitzung eines kontinentalen Abgeordnetenhauses auszeichnet, gibt es hier nicht.

Warum sollen diese praktischen Erfahrungen der britischen Demokratie nicht für Oesterreich genützt werden? „Demokratie ist Diskussion“, hatte einst Masaryk definiert. Könnte ein solcher Neubau des Sitzungssaales in unserem Parlament nach dem englischen Vorbild nicht auch einem geistigen Neubau den Weg ebnen?

„Nem nem soha!H

Vor einiger Zeit erschien eine volkstümliche Geschichte der Sozialistischen Partei Oesterreichs, die deren Schicksale von den frühesten Anfängen bis zur Gegenwart behandelt. Für solch ein Werk einen Schutzumschlag zu finden, ist nicht leicht. Der Graphiker fand eine gute Lösung: er nahm eine Landkarte, dunkelte sie nach oben rot und nach unten schwarz ab und zeichnete in der Mitte in einem lichten Streifen die Grenzen der Republik Oesterreich ein. Und hier unterlief ihm ein Fehler: er beließ das Burgenland noch bei Ungarn. Der Neusiedler See ist durch keinerlei Grenzen durchschnitten, Oedenburg liegt friedlich inmitten seines ganzen Komitates. „Nem, nem, soha! — Nein, nein, niemals!“

Mit diesem Ruf wurde auf allen Kundgebungen zwischen den beiden Weltkriegen von selten der Ungarn gegen die Trianongrenzen des Königreiches protestiert. Der Protest fand eine späte Erfüllung: auf dem Schutzumschlag dieser Geschichte der Sozialistischen Partei Oesterreichs. Zumindest, was das Burgenland betrifft.

Ohne Kommentar

In Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage mußte der Finanzminister mitteilen, daß Spenden für Lawinen Opfer gemäß § 12 des Einkommensteuergesetzes 1953 auch für die Körperschafts- und Gewerbesteuer nichtabzugsfähig sind .,,

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