6705957-1963_51_07.jpg
Digital In Arbeit

Wellenschlag nach dem Attentat

Werbung
Werbung
Werbung

Nach dem letzten Gallup Poll kann die Mehrheit der Amerikaner nicht daran glauben, daß Präsident Kennedys Mörder keine Komplicen gehabt hat. Zugegeben, daß ein Psychopath, wie Oswald anscheinend einer war, ein Verbrechen allein begeht. Aber würde gerade ein Psychopath seine Schuld abstreiten? Würde er sich nicht stolz zu seiner Tat bekennen? Oswald hat in den wenigen Stunden zwischen seiner Verhaftung und seiner Ermordung stets bestritten, den Präsidenten umgebracht zu haben.

Die Zeugnisse dafür, daß er ein Psychopath war, reichen bis in seine frühe Jugend zurück. Damals beurteilten Schulpsychologen ihn als schizoide Persönlichkeit. Sie behaupten, sie hätten seiner Mutter dringend empfohlen, den Jungen in psychiatrische Behandlung zu geben. Statt dessen soll die Mutter

New York mit ihrem Kind fluchtartig verlassen haben.

Die Nebel blieben dicht

Die Mutter, die anscheinend nicht weiß, wann Schweigen Gold ist, Stellt ihren Sohn als Opfer eines Justizverbrechens bin, Sie hebt besonders hervor, er habe sich immer zu seinen Handlungen bekannt. Als er leugnete, der Attentäter gewesen zu sein, hätte man ihm daher glauben müssen. Angesichts seiner psychotischen Veranlagung kann dieses Argument nicht ohne weiteres beiseitegeschoben werden. Jedoch werden ihr die Psychiater kaum einheitlich zustimmen, daß ein Psychopath in jedem Fall nach dem gleichen Schema handelt.

Größeren Zweifel an seiner Schuld erweckt Rubys Lynchjustiz, selbst wenn man annimmt, daß die Polizei von Dallas im Rausche der

Publizität, die sie so reichlich genoß, fahrlässig gehandelt hat. Überhaupt erfährt das Verhalten der Presse und des Fernsehens herbe Kritik, nicht nur, weil sie Oswald als öffentliches Eigentum betrachteten, sondern auch, weil sie ihn schon verurteilt hatten, bevor, ihm überhaupt der Prozeß gemacht worden war. Es ist möglich, daß Ruby ebenfalls ein Psychopath ist, mit einer abnormalen Kennedy-Fixierung. Wenn sich aber die Pfade zweier Psychopathen gekreuzt hätten, die vorher in keiner Verbindung miteinander standen, wäre das eine Begebenheit, die mathematischen Gesetzen nach nicht allzuoft vorkommt.

Die Angelegenheit wird weiter dadurch mysteriös, daß in Oswalds

Wohnung 150 Dollar gefunden worden sein sollen, obwohl er am Hungertuch nagte, und daß die Polizei von Dallas gleich nach dem Attentat nach einem anderen Mann gefahndet haben soll. Bedeutsamer ist die Frage, warum Oswald so sehr darauf aus war, die Kommunistische Partei mit hereinzuziehen — übrigens auch die antikommunistische, aber der äußeren Rechten sehr verhaßte Civil Liberties Union. Dies entspricht aber nicht dem Verhalten eines guten Kommunisten.

Allerdings behaupten die Sowjets, Oswald sei ein Trotzkist gewesen. Daraufhin fragte ein amerikanischer Journalist, warum sie Oswald eine Arbeitserlaubnis gegeben hätten, und vor allem, warum sie ihm, angeblich sehr schnell, erlaubt hätten, bei seiner Ausreise seine russische Frau mitzunehmen. Trotzkisten behandelt die Sowjetunion im allgemeinen wohl nicht so entgegenkommend. Später aber verweigerte die Sowjetunion ihm bekanntlich ein neues Einreisevisum, und auch das Bürgerrecht war ihm nicht zugestanden worden. Ist es unmöglich, daß ein Psychopath sich daraufhin rächen will?

Die Rolle des Gouverneurs

Vor allem aber besteht eine Theorie, die Oswalds Motive einleuchtend kennzeichnet. Sie ist bisher dadurch in den Hintergrund gedrängt worden, daß Oswald als Meisterschütze betrachtet wir' “ der nicht hätte danebens können. Diese Theorie mein lieh, daß Oswald gar nicht de. sidenten, sondern den neben sitzenden Gouverneur von 1 Connally, ermorden wollte. Er 1 nämlich eine Eingabe an Conn gerichtet, als dieser Flottenminis war, er möge seine Entlassung ar dem Marinekorps, in der er als „unerwünscht“ klassifiziert worden war, in eine ehrenhafte umwandeln.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung