Zeitlose Endzeitvision

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500 Jahre Dürers "Apokalypse" - eine Schau in der Albertina.

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500 Jahre Dürers "Apokalypse" - eine Schau in der Albertina.

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Endzeitvisionen sind hochaktuell. Kurz vor der Jahrtausendwende erfreuen sich apokalyptische Szenen in Filmen und Literatur einer neuen Blüte. Unübertroffen ist jedoch die Wirkung von Albrecht Dürers "Apokalypse", und die feiert heuer ihren 500. Geburtstag. Als Dürer 1498 seinen illustrierten Bibeltext "Die heimliche offenbarung johannis" erstmals verlegte, konnte er wohl kaum erahnen, wie prägend für die Kunstgeschichte jahrhundertelang seine graphische Interpretation der Vision von Endzeit, Vernichtung und Erneuerung der Menschheit werden würde.

Das Jubiläum nahm die Albertina zum Anlaß für eine kleine Ausstellung. Sie zeigt den gesamten Zyklus von der "Marter des Evangelisten Johannes" bis zum "Engel mit dem Schlüssel zum Abgrund". Dürer schöpfte aus der Tradition und schuf doch etwas Innovatives. Er verband den ornamentalen, kalligraphischen, schönlinigen Stil des unter niederländischem Einfluß stehenden Deutschen Martin Schongauer mit der Monumentalität, der Dramatik und dem "Realismus" des Italieners Andrea Mantegna. Auch Dürers Naturstudien flossen in die Holzschnittfolge ein. Dies läßt sich an dem Blatt "Venezianerin" nachvollziehen: Dürer zeichnete die Kurtisane auf einer seiner Italienreisen, später setzt er sie in gespiegelter Form als "Hure Babylon" ein.

Zum "Bestseller" wurde Dürers "Apokalypse" erst durch die freien Kopien von Lukas Cranach d. Ä. für Martin Luthers Bibelübersetzung - das "September-Testament" von 1522 - das zu einer Inflation entsprechender Buchholzschnitte führte. Selbst das 20. Jahrhundert konnte sich Dürers einprägsamen Darstellungen nicht entziehen. So wagte sich etwa Giorgio de Chirico in einer Lithographie an eine Neuinterpretation des Motivs "Johannes verschlingt das Buch".

Ergänzt wird das Bild von Dürer als bedeutendem Druckgraphiker durch eine zweite Ausstellung, die das Kupferstichkabinett der Akademie anläßlich des 470. Todestages aus der hauseigenen Sammlung zusammengestellt hat. Neben wichtigen Kupferstichen und Holzschnitten Dürers, wie "Der verlorene Sohn" oder "Die Enthauptung der hl. Katharina" amüsiert hier ein Detail in einer Glasvitrine: Die Akademie ist im Besitz einer dunkelblonden Haarlocke Albrecht Dürers aus der Sammlung seines Schülers Hans Baldung Grien - ein Beweis für die anhaltende Vergötterung des Künstlers.

Beide Ausstellungen bis 13. April Akademiehof, Makartgasse 3, 1010 Wien

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