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Cranach und seine Zeit

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Zur Jahreswende hat sich auch das österreichische Museum für angewandte Kunst am Stubenring an die Gedenkausstellungen zum 500. Geburtstag des Malers und Graphikers Lucas Cranach d. Älteren angeschlossen. Diese ausgezeichnete Schau steht unter dem Titel: „Die Druckgraphik Lucas Cranachs und seiner Zeit — Voraussetzungen und Nachfolge seines Werkes“ und macht mit 70 ausgewählten Blättern aus dem Bestand des Museums die Situation in der deutschen Graphik des 16. Jahrhunderts deutlich.

Um den Mittelpunkt Cranach gruppieren sich die Vorläufer und Nachfahren von Martin Schongauer

— der auch stark auf Dürer wirkte

— bis zu den manieristischen Ausläufern Virgil Solis und Heinrich Aldegrever. Die ihre Zeit überragende, vorbildhafte Persönlichkeit Dürers wird ebenso durch einige wesentliche Holzschnitte repräsentiert wie die Donauschule, die durch Cranach in seiner Wiener Zeit um 1500 ihre Impulse erhielt, durch beachtliche Arbeiten von Albrecht Altdor-fer und Michael Ostendorfer. Die Kunst des Oberrheins wird nach Schongauer von sehr interessanter! Entwurfszeichnungen der beiden Holbein, Vater und Sohn vertreten, darunter die Zeichnung eines Tischbrunnens und der Entwurf für eine Dolchscheide. Den weitreichenden Einfluß Dürers kann man noch in Arbeiten des Niederländers Lucas van Leyden konstatieren, aber natürlich auch in den Arbeiten Cranachs, der ihn zu einem sehr persönlichen und vitalen Stil umgestaltete, dessen Expressionismus unmittelbar an seine Wiener Zeit anzuschließen scheint. Dies ganz im Gegensatz zur Entwicklung seiner Malerei, die durch italienische und niederländische Vorbilder höfische und manieri-stische Züge annimmt.

Unter Cranachs Arbeiten ragen in dieser sehenswerten Ausstellung die Blätter aus der Apostelserie hervor, auf denen geheimnisvolle Pflanzen die Figuren rahmen, dann die realistischen Darstellungen der Apostelmartyrien, in denen er die Menschen in eine ganz enge Verbindung zu Natur und Landschaft setzt, schließlich der eindrucksvolle Erzengel Michael als Seelenwäger und die drei Turnierblätter, die einen deutlichen Wandel in der Auffassung bezeugen. Organisch schließen sich dann die Arbeiten seines Sohnes Lucas an — darunter der von Frau Dr. Hanna Dornik-Eger neu entdeckte Entwurf für ein Epitaph für den Fürsten Georg von Anhalt — und jene seiner ausgedehnten Werkstätte, darunter Georg Lemberger, Hans Brosamer und Wolf Traut.

Hervorzuheben ist auch der ausgezeichnete und gründlich gearbeitete Katalog der Ausstellung, die sich würdig an die Gedenkausstellungen des Wiener Kunsthistorischen Museums und der Wiener Akademie der bildenden Künste zum Cranach-Jahr anreiht.

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