"Am größten im Kleinsten"

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"Albrecht Dürer - Das Druckgrafische Werk" zum 70. Geburtstag des Wiener Dom- und Diözesanmuseums.

Man soll die Feste feiern wie sie fallen. Wenn sichdie Erinnerung an die ersten 70 Jahre des Bestehens des Dom- und Diözesanmuseums in Wien und das Gedenken an den 475. Todestages eines des wichtigsten Renaissancekünstlers, von Albrecht Dürer, zur gleichen Zeit einstellen, liegt es fast auf der Hand, in besagtem Museum eine Ausstellung mit Werken von besagtem Künstler zu organisieren. Blättert man weiter im Kalender, stellt man fest, dass die letzte repräsentative Schau von Dürers druckgrafischem Werk hierzulande über 20 Jahre zurückliegt. Umso interessanter - dem Anlass gebührend - einen feinen Querschnitt dieses Werkes genießen zu können.

Renaissancekünstler

Albrecht Dürer, 1471 als drittes von 18 Kindern in Nürnberg geboren, absolviert zuerst eine Goldschmiedlehre in der väterlichen Werkstatt. Hernach folgt eine Ausbildung zum Maler bei Michael Wohlgemut, gefolgt von Wanderjahren, in denen er die Bekanntschaft mit dem damals wichtigsten Kupferstecher, Martin Schongauer, macht und in Italien die neuen Erkenntnisse der Renaissancekunst kennen lernt. Dazu gehören nicht nur Studien zu Proportion und Perspektive, sondern auch die neue ansatzweise autonome Stellung, die die Künstler dort genießen. Zurück in Deutschland avanciert er bald zu dem Renaissancekünstler nördlich der Alpen schlechthin; so zählte ab 1512 auch Kaiser Maximilian zu seinen Auftraggebern. Nach einem weiteren Aufenthalt in Venedig und einer letzten Reise in die Niederlande starb er 1528 in seiner Heimatstadt Nürnberg.

Im Gesamtwerk von Albrecht Dürer nehmen die grafischen Arbeiten eine prominente Stellung ein, sie begründen durch die bessere Vermarktbarkeit nicht nur seinen rasch wachsenden Ruhm, sondern offenbaren sich auch als sein ureigenstes Metier. "Albrecht Dürer ist seinem innersten Wesen nach Zeichner. Er ist am größten im Kleinsten: in Illustrationen, Kupferstichen, Radierungen, losen Blättern", schrieb Egon Friedell. Man kann sich davon überzeugen, wie sehr er die traditionellen Techniken von Holzschnitt und Kupferstich verfeinerte, wie in feinen Strichüberlagerungen Hell-Dunkel-Kontraste entstehen, die auch in den finstersten Teilen einer Arbeit nichts an bildnerischer Klarheit vermissen lassen. Die erzählerischen Szenen spielen in geradezu phantastischen Landschaften, wobei der Erfindungsreichtum Dürers unerschöpflich zu sein scheint; oder Dürer wählt architektonische Hintergründe, bei denen er seine Perspektivestudien im Bild ausleben kann. Als wahrer Meister zeigt sich Dürer auch beim zarten Ineinandergleiten von Erde und Himmel, wobei er gleichzeitig jegliche voreilige und billige Verschmelzung vermeidet.

Gerade bei vielen Bilderreihen mit religiösem Inhalt, wie dem "Marienleben", der "Großen Passion" oder der "Apokalypse", aber auch bei Einzelblättern wie "Ritter, Tod und Teufel", der "Muttergottes von Engeln gekrönt" oder dem "heiligen Hieronymus" entfaltet Dürer grandiose Lösungen für die Bezogenheit von Himmel und Erde, die so auch zu interessanten theologischen Aussagen führen. Und nicht immer nähren sich diese Kompositionen von Übernommenem oder genuin theologischen Vorgaben. Gerade die "Apokalypse" zeigt gewagte eigenständige Zugänge zum letzten Buch der Bibel, die auch durch die "Magie" des Jahres 1500 ausgelöst sind. "In der Nacht habe ich im Schlafe diese Erscheinungen gesehen, wie viele Wasser vom Himmel fielen und ich erschrak so sehr, dass mir, als ich erwachte, mein ganzer Körper zitterte und ich lange nicht recht zu mir selbst kommen konnte. Gott wende alle Dinge zum besten!", schrieb Dürer selbst dazu.

Eigenständige Bibelsicht

Die rund 80 Blätter, die noch durch das besondere Kuriosum einer Haarlocke von Dürer ergänzt werden, hängen allerdings nicht völlig zusammenhanglos in den Ausstellungsräumen. Als besondere Brücke zu den anderen interessanten Exponaten des Museums fungiert der zwischen 1505 und 1507 entstandene Ober-St.Veiter Altar, ein Dauerschaustück. Als Autor dieses Altars wird Hans Schäufelein, einer der begabtesten Schüler von Dürer angegeben, der in seiner Figurenauswahl und -behandlung direkt Bezug nimmt auf Grafiken seines Meisters. Eine runde Schau, zu einem runden Geburtstag.

Erzbischöfliches Dom- und Diözesanmuseum, Stephansplatz 6, 1010 Wien Bis 28. Juni, Di-Sa, 10-17 Uhr

www.dommuseum.at

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