ÖVP-Streit um Elementarpädagogik

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Den Anfang machte ein FURCHE-Interview im Juni dieses Jahres. "Wenn wir nur noch Akademiker in Kindergärten beschäftigen würden, dann wäre das System nicht aufrecht zu erhalten", sagte Sophie Karmasin, die von der ÖVP an die Spitze des Familienressorts geholt worden war. Die fünfjährige Ausbildung an den Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik (BAKIP) habe "sehr hohes Niveau". Und überhaupt: "Müssen wir jetzt auch akademische Tischler haben?"

Die Folge war ein Sturm der Entrüstung. Montag vergangener Woche kam erstmals auch Gegenwind aus den eigenen Reihen. Der neue Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft und Wissenschaft sowie Leiter der ÖVP-"Evolution", Harald Mahrer, erklärte im Standard, dass er sich eine durchgängige Akademisierung von Kindergartenpädagogen "vorstellen" könne. Karmasin konterte: Denkbar wäre nur eine Tertiärisierung für die "Managementebene und zur Vertiefung". Im Übrigen sei sie in die Materie sehr gut eingearbeitet, während Mahrer ein "neuer Mann" in der Regierung sei.

Man darf gespannt sein, wer sich durchzusetzen vermag - zumal auch der Gemeindebund regelmäßig vor Mehrkosten durch akademische Kindergärtnerinnen warnt. Im "6-Punkte-Programm", das die Regierung am vergangenen Wochenende in Schladming beschlossen hat, finden sich zum Elementarbereich jedenfalls einige Anmerkungen: Zum einen sollen das letzte Kindergartenjahr und die ersten beiden Volksschuljahre zu einer gemeinsamen "Schuleingangsphase" ausgebaut werden; zum anderen werden den Ländern und Gemeinden "gemeinsame Aus-und Fortbildungsmaßnahmen für Kindergarten- und Volksschulpädagogen/innen" zur Verfügung gestellt.

Für Heidemarie Lex-Nalis von der Plattform EduCare ein "typischer Fall, dass man Schritt zwei und drei setzt, statt einmal Schritt eins zu setzen" - nämlich die Kindergärtnerinnenausbildung zu akademisieren. Erstens gebe es in der geplanten Schuleingangsphase, die in zahlreichen "Netzwerk-Clustern" längst existiere, zwischen Kindergärtnerinnen und Volksschullehrerinnen "keine Kooperation auf Augenhöhe"; und zweitens gehe es bei den "gemeinsamen Aus- und Fortbildungsmaßnahmen" nur darum, dass an den PHs angehende Volkschullehrerinnen im Rahmen ihrer Bachelor-Ausbildung den Schwerpunkt Elementarpädagogik wählen können sollen - im Ausmaß von 60 von 240 ECTS-Punkten. Für Lex-Nalis viel zu wenig.

Über die Finanzierung jenes wirklich eigenständigen Elementarpädagogik-Studiums, das von Uni Graz und PH Steiermark gemeinsam konzipiert wurde, wird indes noch immer verhandelt. Die "aus dem Boden schießenden", fünfsemestrigen BAKIP- Kollegs für Quereinsteigerinnen sind für Lex-Nalis jedenfalls keine Lösung: "Ministerin Karmasin sollte diese Kollegs endlich umwandeln in die erste Phase einer Bachelor-Ausbildung - statt ständig von ,Colleges' zu reden und damit anzudeuten, das hätte etwas mit dem tertiären Ausbildungssystem im angloamerikanischen Raum zu tun", fordert sie. Die Zeit dränge jedenfalls: Jährlich würden 41 Prozent aller BAKIP-Absolventen ein fachfremdes Studium beginnen - und dem Elementarbereich verloren gehen.

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