Wir haben die USA unterschätzt!

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Zahlreiche Kommentatoren sahen in den Tagen nach dem 11.September den Dritten Weltkrieg, zumindest aber den Zusammenbruch der Weltwirtschaft kommen. Erfahrene Kriegsberichterstatter meldeten atemlos aus Afghanistan "Dieser Krieg ist nicht zu gewinnen!" und sagten den USA ein zweites Vietnam voraus - militärisch und politisch. Ich gebe zu: Auch ich hielt das alles für möglich.

Warum ist es glücklicherweise - diese Ansage kann man angesichts der Meldungslage hoffentlich wagen - dazu nicht gekommen?

Wir haben die Verantwortlichen an den Schalthebeln dieser Welt, vor allem George Bush, die US-Administration und die US-Militärs gewaltig unterschätzt. Und es gab - möglicherweise erstmals seit dem Ende der Nazi-Herrschaft in dieser Konsequenz - die weltweite Entschlossenheit, sich die Errungenschaften der Zivilisation nicht von einer handvoll fehlgeleiteter religiöser Fanatiker zerbomben zu lassen. Es gab kein kopfloses "rette sich wer kann!", sondern ein weltweit abgestimmtes Verhalten. Meiner Überzeugung nach, nicht nur auf Druck der USA (den wird es wohl auch gegeben haben), sondern aus ehrlicher Abscheu für diesen Höhepunkt einer ganzen Kette von grauenhaften, menschenverachtenden Terroranschlägen.

Die USA haben bewiesen, dass sie aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben. Sie haben nicht wie ehedem mit großer Geste blindwütig zugeschlagen (wozu sie zweifellos das erforderliche militärische Potential gehabt hätten), sondern den Gegenschlag nicht nur militärisch, sondern auch politisch und wirtschaftlich gründlich, aber ohne viel darüber zu reden, vorbereitet. Es ist ja wohl eher kein Zufall, dass der Ölpreis nicht, wie sonst bei Ausbruch kriegerischer Ereignisse üblich (noch dazu zu Beginn der Heizperiode!) in astronomische Höhen kletterte, sondern in den Keller fiel - ohne dass die maßgeblichen Produzenten bislang mit einer signifikanten Kürzung der Fördermenge reagierten.

Es ist leider nur eine akademische Übung, darüber zu philosophieren, wieviel an Zerstörung und Leid der geschundenen Bevölkerung auf dem Balkan erspart geblieben wäre, hätte die Gemeinschaft der zivilisierten Staaten nach dem Zerfall des Tito-Jugoslawiens die gleiche Entschlossenheit an den Tag gelegt.

Der Autor ist Generalsekretär des ÖAMTC und Wirtschaftspublizist.

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