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… rettende Solidarität.

… tödliche Dummheit.

Ein Buch ist Wasser auf die Mühlen all jener, die Entwicklungshilfe schon immer für nutzlos gehalten haben – man sollte aber auch ein zweites Buch lesen, dann liegt man richtig.

Dass die FPÖ einen entwicklungspolitischen Sprecher hat, war bis vor Kurzem auch den an der österreichischen EZA-Szene sehr interessierten Menschen nicht bewusst. Bis sich der FPÖ-Abgeordnete Johannes Hübner in dieser Funktion zu Wort meldete und im Vorfeld der Budgetverhandlungen eine Reduktion der Entwicklungshilfe zugunsten der Katastrophenhilfe forderte. Hübner berief sich dabei auf das Buch „Dead Aid“ der gebürtigen und in den USA lebenden Sambierin Dambisa Moyo. Der Bestseller ist eine Generalabrechnung mit der EZA. Ein Glücksfall für einen entwicklungspolitischen Sprecher, der gegen Entwicklungshilfe ist. Vergleichbar mit der Freude, die ein FPÖ-Migrationssprecher über das Buch eines Migranten hätte, in dem dieser einen Einwanderungsstopp fordert.

Entwicklungshilfe in fünf Jahren abschaffen

Hübner irrt jedenfalls, wenn er in Moyos EZA-Verriss eine Kritik an einem linken Entwicklungshilfeansatz zu erkennen glaubt. Schon lange vor der Ökonomin Moyo haben afrikanische Intellektuelle einen Stopp der Entwicklungshilfe gefordert – aus emanzipatorischen, antikolonialen, „linken“ Gründen, da sie diese als das Trostpflaster der kapitalistischen, „rechten“ Politik der Industrienationen ansahen, mit denen sich die Erste Welt die Legitimation zur weiteren Ausbeutung der Dritten Welt erkauft.

„Entwicklungshilfe ist tödlich“, sagte Moyo in einem Interview mit der Schweizer Weltwoche, „sie gehört inert einer Übergangsphase von fünf Jahren abgeschafft“. Arbeitslosigkeit, Inflation, Schulden, Bürokratie und Korruption – alles Übel dieser Welt, das einen Staat ereilen kann, schreibt sie der Entwicklungshilfe zu. Dass Länder, die nie von großen EZA-Programmen profitiert haben, ebenfalls an diesen Staatsseuchen leiden, blendet sie aus. Sie schaut nach Afrika, und dass dieser Kontinent darniederliegt, sei die Schuld der Geber.

Dabei nimmt sie es mit den Fakten nicht so genau: Wiederholt nennt sie die eingängige Zahl von einer Billion Dollar, die in den letzten Jahrzehnten an Entwicklungshilfe nach Afrika geflossen sein soll – ohne positive Auswirkung, so ihr Befund. Nicht nur, dass sie diese Zahl nirgends belegt, sie unterscheidet auch nicht zwischen politisch motivierter Hilfe in der Zeit des Kalten Krieges – die sehr oft destruktiv war – und der gezielten Armutsbekämpfung, die den ärmsten Ländern erst seit den 1990er zuteil wird.

„Entwicklungshilfe lässt Korruption entstehen“, lautet eine weitere Behauptung von Moyo. Falsch. Armut schafft den Nährboden für Korruption, Staatsversagen lässt sie bis in höchste politische und wirtschaftliche Kreise hinauf zu. Würden die afrikanischen Länder, so wie von Moyo gefordert, ausschließlich auf private Investitionen, Handel und Kapitalmärkte setzen, gäbe es trotzdem Korruption. Moyos Marktgläubigkeit ist sowieso das schwerste Manko ihrer Analyse. Den freien Markt als Allheilmittel hinzustellen, Entwicklungszusammenarbeit aber in all ihren Variation zu verdammen, ist jedenfalls der falsche Zugang.

Ein zweites Buch sei deswegen als Zusatzlektüre empfohlen – nicht nur den Entwicklungssprechern aller Couleur: „Die unterste Milliarde“, verfasst vom Oxford Ökonomen Paul Collier. Der beweist: „Ohne Entwicklungshilfe wären die Länder der untersten Milliarde kumulativ noch viel ärmer geworden, als sie heute sind. Die Entwicklungshilfe war ein Rückzugsgefecht, das verhinderte, dass alles zusammenbrach.“

„Dead Aid“,

das Buch der Volkswirtschaftlerin Dambisa Moyo hat die Bestsellerlisten gestürmt. Die in den USA lebende Sambierin scheint mit ihrer These, dass Entwicklungshilfe nichts bringt, voll im gegenwärtigen Trend zu liegen: Entsolidarisierung nicht nur national, sondern weltweit.

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