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Die eisernen Hausnamen

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Das Aushängeschild, egal ob ein Herbergs-, Wirtshaus- oder Zunftschild, ist wohl vergleichbar mit einer Blüte am Stengel der Pflanze. Es stammt aus jener Zeit, da man noch mit der Postkutsche reiste, und Häuser und Betriebe noch Hausnamen statt Nummern besaßen. Man orientierte sich nach den verschiedenen Bildmotiven und Symbolen, die über den Portalen, Toren oder Eingängen angebracht und für jeden weithin sichtbar und verständlich waren. Wohl zählen steinerne Zeichen, Figuren, Wappen und Reliefs des Mittelalters zu den Vorgängern der Aushängeschilder, doch im kunstliebenden und verspielten Barock und Rokoko, wo die technische Fertigkeit der Kunstschmiedearbeiten ihren Höhepunkt erreichte, verwandelten sich diese bisher schlichten Zeichen oft zu Meisterwerken der Schmiedekunst.

Die vielen Aushängeschilder, die noch heute in vielen österreichischen Orten anzutreffen sind, wie etwa in Salzburg, Steyr, Innsbruck, Graz, Feldkirch und Rattenberg, in wahrhaft verschwenderischer Fülle die Straßen und Plätze zieren, stellen keinesfalls eine „österreichische Spezialität“ dar. Man begegnet ihnen in ganz Europa, am schönsten sind sie allerdings in Österreich, der Schweiz und in Süddeutschland. Am faszinierendsten, interssantesten und aufschlußreichsten ist zweifellos das Wirtshausschild mit seiner schier unglaublichen Fülle von Elementen. Was uns da an Bildzeichen geboten wird, ist phantastisch und rührend, zärtlich, komisch und naiv, ein Bild der Menschlichkeit. Die Motive der Schilder weisen entweder auf ehe maligen Klosterbesitz, wenn sie Heilige, Kreuze oder Engel darstellen, oder auf die Loyalität zum Kaiser- oder zum Fürstenhaus, wenn sie Kronen, Wappen, Schwerter, stilisierte Blumen oder Postkutschen zeigen. Viele Zeichen beziehen sich auf Tiere und auf Pflanzen. Auf vielen sieht man Berufssymbole, ebenso Sonne, Mond, Sterne und Tierkreiszeichen.

Auch die Zünfte bedienten sich stets bildlicher, allgemeinverständlicher Aushängeschilder, die in ihrer Aufmachung und Verzierung nicht selten die reichlich verzierten Gasthausschilder übertrafen.

All die alten Aushängeschilder rühmen sich stets der sehr fein und elegant verschnörkelten, weit in die Mitte der Straße hinausragenden Hängearme und sind Werke einer gediegenen, zur Virtuosität entwickelten Schmiedekunst. Nur selten werden sie statt geschmiedet einfach gegossen. Reich vergoldet und poly- chromiert, erzielen sie so gesteigerte Pracht und Wirkung.

Heute, in der Zeit des allgegenwärtigen Fremdenverkehrs, da man wieder Wert auf gepflegte historische Baudenkmäler und alte Stadtkerne mit gemütlichen, romantischen Gasthöfen legt, kommen auch die handwerklichen schmiedeeisernen Aushängeschilder wieder mehr und mehr zur Geltung.

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