Geheimnis Erfolg - © Foto: Leykam

„Das Geheimnis meines Erfolgs“ von Margit Mössmer: Das schreckliche Kind

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Anton Thuswaldner über den Roman „Das Geheimnis meines Erfolgs“ von Margit Mössmer.

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Anton Thuswaldner über den Roman „Das Geheimnis meines Erfolgs“ von Margit Mössmer.

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Es ist schon einmal gut, dass Margit Mössmer das, was man Tendenzen und Trends nennen mag, weit von sich schiebt. Sie macht ihr eigenes Ding. In ihrem jüngsten Roman, dem dritten, schert sie sich nicht um Generationsbefindlichkeiten, sie arbeitet keine Familien- und Zeitgeschichten auf, pfeift auf den Zeitgeist. Ihre Aufmerksamkeit gehört einem Kind, das außerhalb der Erwartung des Niedlichen und Unbekümmerten steht. Es treibt alle zur Verzweiflung, die alleinerziehende Mutter wird von Heulattacken heimgesucht, die anderen sehen im Mädchen Alex nichts anderes als ein erziehungsresistentes Monster. Das Buch „Das Geheimnis meines Erfolgs“ weist Nähe auf zur unheimlichen Welt der Evelyn Grill, die aus der bürgerlichen Abgeklärtheit wahre Schreckgestalten wachsen lässt.

Bei Mössmer kommt das Kind selbst zu Wort. In seiner frühen Hochbegabung steht es Oskar Matzerath aus Günter Grass’ „Blechtrommel“ nicht viel nach. Aus einem schlaflosen Schreibaby entwickelt sich ein Wesen, das Gesellschaft meidet, was nichts macht, ist es dieser sowieso nicht zumutbar. Es eignet sich absonderliche Neigungen und Ticks an, erweist sich als rabiater Einzelgänger. Die Ich-Perspektive lässt erkennen, dass das Kind kein reines Bündel aus Emotionen und Trieben ist, es geht kalkuliert vor. Es steht für den personifizierten Protest – wogegen eigentlich? Gegen alles. Denn so reflektiert, dass Alex ihren Widerstand benennen könnte, ist sie doch nicht. Die Kombination eines analytischen Vermögens mit dem kindlichen Verstand macht die Besonderheit dieser Perspektive aus. Eine vorsätzliche Anpassung findet statt, was nicht als Zähmung einer Wilden zu verstehen ist, sondern als eine durchtriebene Scheinhingabe an Gegebenheiten. So geht eine Spielerin und Täuscherin vor, die selbst zwischen Wirklichkeit und Einbildung nicht zu unterscheiden vermag.

Am Ende wird sie von ihrer Mutter mit den eigenen Waffen geschlagen. Alex lässt sich von einer fiktiven Nachtigall in ihren Handlungen leiten, ihre Mutter erschießt diese im Schein. Sieht so der definitive Akt der Befreiung aus? Ein Neubeginn für Alex ist jetzt im Bereich des Möglichen.

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