Wovon wir leben - © Foto: Zsolnay

„Wovon wir leben“ von Birgit Birnbacher: „Wenn der Wind in mich fährt …“

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Atmung und Arbeit, einzementierte Rollenzuschreibungen bei der Care-Arbeit und Stadt-Land-Konflikte: Zentrale Themen in Birgit Birnbachers neuem Roman.

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Atmung und Arbeit, einzementierte Rollenzuschreibungen bei der Care-Arbeit und Stadt-Land-Konflikte: Zentrale Themen in Birgit Birnbachers neuem Roman.

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Wohl kaum ein anderes Thema beschäftigt den Menschen so existentiell und nachhaltig wie das Thema Arbeit. Der Diskurs darüber hat in der Literatur bereits eine lange Tradition, da die Formen der Erwerbstätigkeit, deren Wertigkeit und Funktion einem permanenten Wandel unterworfen sind. Gerade in der jüngsten Zeit rauschen dazu in unserer Gesellschaft wieder heftige Diskussionen quer durch alle Schichten und Generationen. Die österreichische Schriftstellerin und Soziologin Birgit Birnbacher widmet sich in ihrem neuen Roman „Wovon wir leben“ nicht nur den aktuellen Facetten dieses Themas, sondern vor allem auch den geschlechtsspezifischen Implikationen von Care-Arbeit.

Birnbacher legt ihre Werke vielfach sozialkritisch an. Erst 2020 hat sie sich in ihrem Prosaband „Ich an meiner Seite“ mit dem Schicksal eines Jugendlichen auseinandergesetzt, der nach einem Haftaufenthalt wieder im Leben Fuß fassen will und sich dabei einem schwierigen und zermürbenden Resozialisierungsprozess zu stellen versucht. Ganz generell hat sie sich schon immer besonders für das Außenseiterdasein interessiert.

Um einen Neubeginn geht es auch in ihrem soeben erschienenen Roman. Die Protagonistin Julia wird nach ihrem Krankenstand – sie leidet an Asthma – aufgrund eines Fehlers beim Verabreichen von Medikamenten gekündigt. Da sie sich erholen und nach einer schwierigen Beziehung neu orientieren muss, beschließt sie vorerst, nach Hause aufs Land ins salzburgische Innergebirg zurückzukehren. Erst bei ihrer Ankunft merkt sie, dass die Mutter den schweigsamen, mittlerweile bereits alt gewordenen Vater verlassen hat und Freiheit in Italien sucht. Eigentlich hätte Julia die Unterstützung der Eltern benötigt, doch zu Hause ist nun sie gefordert. Der Vater war ein Leben „in Bedienung“ gewohnt und macht mehr als deutlich, dass er sich nicht selbst versorgen kann und will. Aber auch sonst steht vieles zwischen ihnen. Vor allem die Sache mit dem Bruder, der nach einer schweren, falsch behandelten Gehirnhautentzündung lebenslang in einem Sanatorium gepflegt werden muss. Im Vertrauen auf den Betriebsarzt der Fabrik hatte sich der Vater einst geweigert, seinen Sohn ins Krankenhaus zu bringen. Seither ist auch das Verhältnis zu seiner Frau nachhaltig zerstört.

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