Manchmal nie - © Foto: Residenz

„oft manchmal nie“ von Cornelia Hülmbauer: Ein wundersames Erinnerungspuzzle

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Maria Renhardt über den Roman „oft manchmal nie“ von Cornelia Hülmbauer.

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Maria Renhardt über den Roman „oft manchmal nie“ von Cornelia Hülmbauer.

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„heimat heißt aber etwas anderes“, belehrt die Mutter die Tochter, als diese auf ihr selbst gebasteltes Buch groß „MEINE HEIMAT“ schreibt und es mit Familien- und Elternhausfotos verziert. Kurze Blitzlichter wie dieses auf Kindheit, Schul- und Jugendzeit fügen sich im Debüt der Niederösterreicherin Cornelia Hülmbauer zu einem wundersamen Erinnerungspuzzle zusammen, das die Zeit der späten 1980er Jahre auf dynamische Weise wiederaufleben lässt.

Bislang ist Hülmbauer vor allem als Lyrikerin und Autorin kurzer Prosa- und Hörtexte wahrgenommen worden. „oft manchmal nie“, ihren ersten Roman, könnte man aufgrund seiner fragmentierten und offenen Form eigentlich fast im kurzepischen Bereich verorten. Es handelt sich hier um subtil gesetzte Vergangenheitssplitter, kleine Szenen, Kurioses oder schlicht Alltägliches, das kunterbunt zusammengewürfelt mit vielfältigen Erinnerungen aufgeladen wird, in denen autofiktionale Elemente im Mittelpunkt stehen.

Die Handlung führt aufs Land in einen kleinen Ort, in dem sich wirtschaftliche und strukturelle Probleme abzeichnen, die sich inzwischen noch verschärft haben. Die Ich-Erzählerin lebt im Großfamilienverband. Ihre Eltern führen eine Autowerkstätte als Familienunternehmen. Trotz besonderer Serviceleistungen geraten der Betrieb und auch der Lebensmittelhändler im Ort aufgrund der städtischen Konkurrenz nach und nach unter Druck. Sukzessive kämpfen alle ums Überleben.

In episodenhaft aneinandergereihten Alltagsbruchstücken, Belanglosigkeiten oder (religiösen) Traditionen im Jahreskreis manifestiert sich ein breiter Bogen an Werthaltungen, Lebensmaximen und Gewohnheiten. „Frau Chef“ sagt man zur Frau des Werkstättenbesitzers, die ihrem Mann die Kleidung herrichtet, wenn er in die Stadt fährt. Oft streut Hülmbauer Abergläubisches ein, Redewendungen, Sprichwörter oder Mundartausdrücke, die ins Gedächtnis der Ich-Erzählerin sickern. Dazwischen ergeben sich auch Fragen: „beschließen alle mädchen einmal, auszureißen? kommen alle mädchen wieder, bevor jemand sie hätte suchen können? // weil sie nicht weiterwissen? / weil sie nicht wissen, wie weiter?“

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