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Die Maskedes Herrn Verdoux

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„Monsieur Verdoux („Der Heirate- sAwindler von Paris ) ist Charlie Chaplins Lustmord am MärAen, und wenn man Chaplins Gesamtwerk selbst als ein MärAen und niAt als sozialkritisAes Epos ansehen will, ein regelreAter geistiger Selbstmord. Einzelne Züge von Chaplins klassisAen Pantomimen sind noA da: die (hier gleiA doppelte) sentimentale Verankerung der GesAiAte des Pariser Frauenmörders Verdoux in seiner aufopfernden Ehe mit einer verkrüppelten Frau und in seiner selbstlosen FreundsAaft für eine Notgefährtlni die virtuose Technik de UmsAlagens von todernsten in urkomi- sAe Situationen — die grandiose filmisAe Weiterführung der romantisA-lronisAen „Akt- sAlüsse Heinrl Heines: und s lleßll der resignierte Abgang, einstmals das förmli perepektivisAe Zurücktreten, Kleinerwerden und Verschwinden, hier der sAleppende Gang zur HinriAtung. Aber für ein riAtiges MärAen, au eines unserer Zeit, ist das alles zu gallig, zu bitter, zu sAarf, zu mensAen- hasserisA. Und dies schon von der Wurzel her. War sAon der deutsAe „Blaubart mit Albens, der wenigstens die Morde noA in Renommiererei, also in Dunst auflöste, in seinem riskanten Spiel mit Ernstem und Heiligem kaum erträgliA, so 1st der Zynismus, mit dem hier über die Mordopfer, die Mord- teAnik und die Mordsituation gewitzelt wird, sAleAthin teuflisA. Einen Gipfelpunkt niedrigster Sozialfrömmelei bedeutet es, wenn Chaplin diesem kalten Würger das Mäntel- Aen eines arbeitslosen Bürgerrevolutionäi umtut. Was habe er sAon verbroAen, heißt es in Verdoux’ Selbstverteidigungsrede vor GeriAt: Bigamie und ganze 14 Raubmorde an Frauen. „Die Kriege, „die“ Revolutionen versAlingen Millionen MensAen und seien bei näherem Zusehen auch niAts anderes als GesAäfte, nur größere und einträgliAere. Das aber ist kein MärAen mehr, sondern der Leitartikel eines drittrangigen SAmier- und Hetzblattes.

Um diesen Fleck auf der Ehr im Werk eines unserer Größten der FilmgesAiAte zu verstehen, genügt es vielleiAt niAt, den vielzitierten SalonanarAismus Chaplins heranzuziehen. Man muß vielmehr wissen, daß Chaplin (so wie Willy Forst einen ungeborenen Mozart-Film) etwa seit ’ der City-Light-Zeit einen Napoleon-Filmkomplex mit siA herumträgt. Eine Zeitlang sAien es, als ob er ihn im „Diktator abreagiert habe. Aber sAein- bar war das FreudsAe SeelAen noA niAt ganz erlöst, und so gehen im „Monsieur Ver-

doux MaAt und Mord mit dem Sozialrevolutionären, das auA die MärAen der besten Zeit Chaplins, „Cid , „Zirkus“ und „Gold- rausA“, nie ganz haben verleugnen können, eine krause, grausige HoAzeit ein. Diesem Film fehlt alle Souveränität des ChaplinsAen sentimentalen Humors. Er würgt die Sentenzen heraus. Er ist niAt gar, sondern nur — ausgekoAt...

„Monsieur Verdoux’ hat die AbzeiAen alter Chaplin-Filme, Augenbrauen und Entenflossen, MelonenhütAen und Spazierstöck- Aen, abgelegt, ledigliA ein trauriger Rest von Schnurrbart steht wie verloren in dem bür- gerliAen GesiAt. Chaplin ist auA niAt mehr stumm, sondern spriAt ein tadelloses EnglisA (der Film wird bei der um viele Jahre verspäteten Wiener Erstaufführung im Original mit deutsAen Titeln vorgeführt), und ist ansonsten, der er selber ist, ein graumelierter älterer Herr, niAt mehr und noA niAt wieder Charlie im „RampenliAt . Seltsam: Mir sAien die alte Maske Charlies eAter als diese gewöhnliAe, gemeine Fratze des Herrn Verdoux.

Die Gattung eines Films wie „Bis wir uns Wiedersehn“ (westdeutsA) zu bestimmen, ist niAt ganz einfaA. Sagen wir; Kriminalromanze, Kreuzung von „Boheme“ und „Kameliendame“ mit einem Gaunerstück. Zwei MensAen, sie vom Tode gezeiAnet, er von Krieg und GefangensAaft leiAt angeknabbert, entflammen in Liebe und einer äußerliA sehr frei arrangierten GemeinsAaft zueinander und treiben mit fataler SiAerheit dem Untergang zu. Der Film hat Stimmung und formale Vorzüge, doA ist die bedenk- liAe Story ohne künstlerisAen und ethisAen Wert.

Filmschau (GutaAten der KatholisAen Filmkommission für OsterreiA Nr. 48 und 49/11 vom 26. November und 3. Dezember 1952): I a (zu empfehlen für ErwaAsene und reifere Jugend): „Herz der Welt“: II (für alle zulässig): ,1. April 2000“: III (für ErwaAsene und reifere Jugend): „Lockende Sterne , „FluAt na Mexiko , „Tarzans RaAe", „Der G'wissenswunn , „Zwei MensAen': IV (für ErwaAsene): „Mabok, der SArecken des Urwaldes , „Vorposten in Wildwest", „Verlorene Frauen", „Mann gegen Mann": IV a (für ErwaAsene mit Vorbehalt): „Bis wir uns Wiedersehn’, „Monsieur Verdoux („Der HeiratssAwindler von Paris").

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