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Warnung vor Radikalisten

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Wie oft machte Martin Luther Kings gewaltloser Kampf für die Bürgerrechte der amerikanischen Neger Schlagzeilen in den Zeitungen, bis 1968 jene letzte Nachricht seiner Ermordung die Welt in Anteilnahme, Schamgefühle und Unruhe stürzte. Doch bald wurde es still um diesen großen Verfechter der Gerechtigkeit, der versuchte „die Kette des Hasses“ zwischen den Rassen seines Landes zu durchbrechen. Radikale Elemente gewannen inzwischen die Oberhand in der Negerbewegung der USA. Auch das übrigens hatte Martin Luther King vorausgesehen: „Krawalle sind die Sprache derer, die nicht gehört werden“, ist einer seiner beschwörenden Anrufe an die Politiker Amerikas, die allerdings weniger bei den Mächtigen, als bei der Jugend des Landes Widerhall fanden.

Wir haben nun von neuem Gelegenheit, uns mit dem Werk und der Persönlichkeit des Martin Luther King auseinanderzusetzen in den autobiographischen Aufzeichnungen seiner Frau Coretta, die jetzt auch in einer deutschen Übersetzung vorliegen. Mrs. King erzählt vom Leben und von der Arbeit ihres Mannes als liebende Frau und zutiefst Beteiligte, als Mitarbeiterin, die die Last der Verantwortung für seine umfassende Aufgabe mit ihm trug. Sie verfügt zugleich über eine unbestechliche Sachlichkeit und Kenntnis der Geschichte ihres Volkes, die sie befähigt, über persönliche Erfahrungen hinaus, allgemeine Zusammenhänge ins Blickfeld zu rücken.

Die politische Tätigkeit des schwarzen Baptisten-Geistlichen Martin Luther King, die er als christliche Pflicht betrachtete, begann mit dem berühmtgewordenen Bus-Streik 1955 gegen die Segregatlon in den öffentlichen Verkehrsmitteln m Montgo-mery, wo die Situation für die Neger besonders entwürdigend war. Es folgte der Einsatz für die Integrierung weiterer öffentlicher Einrichtungen und für die Wählerregistrierung der Neger in vielen Orten des

amerikanischen Südens; 1963 der große Marsch auf Washington für die Bürgerrechte der Neger und gegen ihre soziale Benachteiligung in der amerikanischen Gesellschaft. 1965 dann die Wahlrechtsdemonstrationen in Selma, alles Veranstaltungen, die in zunehmendem Maße die gesamte amerikanische Öffentlichkeit auf die Probleme der Neger aufmerksam machten und viele Weiße zum Engagement für gerechte Lösungen bewogen. Das Leben kostete Martin Luther King der Streik der Müllmänner von Memphiä, der Ärmsten der Armen, für deren Forderungen nach besseren Löhnen und Arbeitsbedingungen er sich ebenso intensiv einsetzte, wie für seine großen Projekte.

Das sind nur einige Details aus Martin Luther Kings umfassendem Programm. Er mußte sein Engagement mit vielen Demütigungen, Diffamierungen, Verhaftungen und Gefängnisstrafen bezahlen; eine Erfahrung, die er willig annahm, weil er „unverdiente Leiden und Opfer für erlösend“ hielt. Es gab freilich auch ungewöhnliche Ehrungen in seinem Leben, die schönste wohl für ihn der Friedens-Nobelpreis, der Ihm 1964

zugesprochen wurde, von dessen Verleihung Mrs. King mit kindlicher Freude und großem Stolz berichtet, wie sie überhaupt der Würdigung Leistungen ihres Mannes große Bedeutung zumißt; verständlich aus der traditionellen Verfemung der Neger im amerikanischen Süden, der die Heimat der Kings ist. Trotz der Verhärtung der Fronten in seinem Land sind viele einzelne durch Kings Beispiel von der Macht der Ohnmächtigen und seinem Weg der Gewaltlosigkeit überzeugt worden. Es ist ein langer und beschwerlicher Weg, aber der einzige, der auf lange Sicht unsere heillose Welt retten kann.

MEIN LEBEN MIT MARTIN LUTHER KING. Von Coretta Scott King. Aus dem Amerikanischen von Christa Wegen. 291 S. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1970. 24 DM.

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