6716034-1964_43_05.jpg
Digital In Arbeit

An den Rand gekhriefeu

Werbung
Werbung
Werbung

DIE LANDTAGSWAHLEN IN VORARLBERG. In Vorarlberg kam die 0VP mit dem Verlust von „nur” einem Mandat davon. Es war das von Bregenz nach Feldkirch abgewanderte Mandat, das die dortigen Freiheitlichen eroberten, so daß sich der künftige Landtag aus 20 Volksparieilern, 10 Sozialisten (wie bisher) und 6 Freiheitlichen zusammensetzen wird. Die Freiheitlichen hatten großes Wahlglück, da ihr Stimmenzuwachs nur 2866 Wähler beträgt, während den Sozialisten ihr Gewinn von 3695 Stimmen gar nichts nützte und die Volksparlei mit einem Plus von 4704 sogar einen Sitz einbüßte. Die Rettung der Freiheitlichen war, wie die „Furche" richtig vorausgesehen hatte, der Bürgermeister von Lustenau, der seiner Partei allein in seiner Gemeinde 1316 neue Wähler zu- brachfe. Somit ändert sich nicht viel und der kommende Landeshauptmann Dr. Herbert Kessler kann sich auf eine Mehrheitspartei stützen. Es darf auffallen, daß eine ausgezeichnete Verwaltung im Lande mit dem höchsten Volkswohlstand die regierende Partei mit einem blauen Auge aus der Wahlschlacht herausgehen lief). Nach ihrer berechtigten Argumentation hätte die Volkspartei ihren Besitz vergrößern müssen. Es rächte sich, daß die seelische Erfassung der Arbeitskräfte aus den östlichen Bundesländern zu wünschen übrig ließ; eine — allerdings vereinzelt dastehende — äußerst verunglückte Stilübung gegen die „Innerösterreicher", an der die Parteiführung der Volkspartei allerdings unschuldig war, kam den Sozialisten zum Wahlkampf gerade noch zurechf. Zu denken gibf, daß der einzige Gewinner, die FPÖ, im Wahlkampf am schwächsten hervorgetreten war; der Wähler fliegt anscheinend nicht auf Propaganda.

ANGST VOR DER BOMBE. Mit der

Explosion einer rotchinesischen Atombombe hatte niemand gerechnet. Die naheliegende Kombination zwischen der Detonation in Sinkiang und dem Führungswechsel im Kreml sind bis zur Stunde immer noch Kombinationen. Beweise für einen Zusammenhang stehen noch aus. Die Reaktion der Welt war verschieden. Ist man in Japan — wie Ausländskorrespondenten berichten — auf die Explosion psychologisch, militärisch und politisch durchaus vorbereitet gewesen, so sind die Stellungnahmen der Atommächte des Westens kühl, enttäuscht, ja besorgt.

Das Gleichgewicht — gleichwohl ein Gleichgewicht des Schreckens — ist jedoch durch eine Atommacht Rotchina nicht mehr zu stören. Die Besorgnis liegt anderswo. Präsident Johnson drückte dies so aus: Die bis jetzt im Besitz von Kernwaffen befindlichen Staaten seien „nüchterne und ernsthafte Staaten mit einer langen Erfahrung als Großmächte in der modernen Welt". Weiter versicherte der Präsident, die USA würden keine „atomare Erpressung anderer Länder dulden. Eine harte Reaktion. Und hier scheint der US- Wahlkampf hineinzuspielen. Denn die rotchinesische Atombombe könnte möglicherweise eine Leuchtrakete für Barry Goldwater sein, dessen künftiger außenpolitischer Kurs bei Unentschlossenen und Schwankenden Zustimmung finden könnte.

DER FRIEDENSNOBELPREIS FÜR MARTIN LUTHER KING. Der Friedensnobelpreis 1964 wurde dieser Tage dem amerikanischen Negerführer Dr. Martin Luther King verliehen, der mit seiner Methode der Gewaltlosigkeit für Millionen amerikanischer Neger zu einem Symbol der Hoffnung und der Stärke im Kampf um ihre Gleichberechtigung geworden ist. Mehr als jede andere Persönlichkeit hat er dem amerikanischen Volk die Bedeutung des Rassenproblems vor Augen geführt, aber sein Leitspruch „Nächstenliebe für alle — Wir bekämpfen nicht die Weißen, sondern die Ungerechtigkeit", hat Zehntausende amerikanische Neger vor Gewaltakten zurückgehalten. Dr. Martin Luther King ist mit seinen 35 Jahren einer der jüngsten Männer, die je diese Auszeichnung erhalten haben. Er war schon vor der Verleihung des Friedensnobelpreises Gegenstand diverser Auszeichnungen und Ehrungen. Er wurde von den Präsidenten Kennedy und Johnson ins Weiße Haus eingeladen und von der bekannten US-Zeitschrift „Time" zum „Mann des Jahres 1963" erklärt. Dr. King glaubf fest daran, daß der amerikanische Neger schließlich volle Gleichheit und Gleichberechtigung auf allen Gebieten des Lebens erreichen wird. Aus seiner Zelle in Birmingham in Alabama, wo er wegen Verletzung des staatlichen Demonstrationsverbotes einmal gefangen saß, schrieb er: „Ich habe keine Sorge um die Zukunft Wir werden das Ziel der Freiheit erreichen, weil das Ziel von Amerika die Freiheit ist.”

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung