Werbung
Werbung
Werbung

Die katholische Kirche Großbritanniens fühlt sich von der BBC schlecht behandelt.

Die Karikierung des Vatikans in der Zeichentrickserie "Popetown" mit einem infantilen Papst, intriganten Kardinälen und ruhmsüchtigen Nonnen hat unter vielen britischen Katholiken Ärger hervorgerufen. Nach einer von 6.000 Bürgern unterschriebenen Petition und öffentlichen Protesten beschloss die BBC, auf die Ausstrahlung der Serie zu verzichten. Mochten die Katholiken darüber auch erleichtert sein, mussten sie sich umgehend Vorwürfe von Humorlosigkeit bis Zensur gefallen lassen.

Katholische Vorwürfe

In den Zeitungen entbrannte eine heftige Debatte. Der anglikanische Vikar Giles Fraser schrieb in einem Gastbeitrag: "Die Entscheidung zeigt eine Religion, die nicht über sich lachen kann, eine Religion von klaustrophobischer Missgunst, eine Religion, in der Kontrolle unter dem Deckmantel der Empfindlichkeit eingeschleust wird."

Mangel an Mitgefühl und Verständnis werfen aber viele der rund vier Millionen britischen Katholiken insbesondere der BBC, der mächtigsten Medienanstalt des Landes, vor. Christina Farrell von der katholischen Wochenzeitung The Christian Herald sagt gegenüber der Furche: "Es gibt eine sehr einseitige Berichterstattung, die auf Kindesmissbrauch und andere Skandale konzentriert ist. Die Darstellung der Kirche ist oft völlig unangemessen und nimmt wenig Bedacht darauf, was Katholiken wirklich wichtig ist."

Selbst der Aufsichtsrat der BBC räumt mittlerweile ein, dass ein Problem mit der Religionsberichterstattung besteht. Man sei "besorgt, dass die meisten religiösen Programme zeitlich an den Rand geschoben werden und über den Mangel an Verständnis für religiöse Angelegenheiten." Eine unabhängige Untersuchung wurde eingeleitet. Fernsehdirektorin Jana Bennett versprach, bis Ende November eine neue Strategie vorzulegen.

Kein Mangel an Verständnis wird dem neuen BBC-Generaldirektor Mark Thompson nachgesagt. Auf den praktizierenden Katholiken konzentrieren sich die Hoffnungen seiner Glaubensfreunde: "Wir hoffen wirklich, dass er sensibler sein wird und Änderungen bringen kann", sagt Farrell. Umgekehrt räumt sie auch ein, dass die katholische Kirche mehr den Dialog mit dem Sender suchen muss.

Öffentliche Durchleuchtung

Dass die Religionsberichterstattung der BBC debattiert wird, hat auch damit zu tun, dass der Sender sich gegenwärtig einer umfassenden öffentlichen Durchleuchtung stellen muss, wie sie keine andere öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt über sich ergehen lassen muss. 2006 steht die Erneuerung der "Royal Charter", der Lizenz des Senders, zur Erneuerung um maximal zehn Jahre an. In Vorbereitung darauf werden derzeit alle Bereiche der Anstalt durchleuchtet.

Es ist ein einzigartiges Beispiel wie die britische Demokratie funktioniert: Der Öffentlichkeit ist die Teilnahme nicht nur gestattet, sie ist dazu ausdrücklich aufgefordert. Geschwächt durch die harte Kritik des Hutton-Reports an der Irak-Berichterstattung zieht die BBC derzeit mit neuer Führung reumütig durch die Lande.

Digitale Bedrohung

Daneben steht dem Sender eine weitere Bewährungsprobe bevor. 2012 soll nach Regierungsplänen in Großbritannien nur mehr digitales Fernsehen ausgestrahlt werden. Das bedeutet für den Bürger Zugang zu hunderten Kanälen, den Fernsehanstalten droht eine weitere Verschärfung der Konkurrenz. Schon befürchtet die Aufsichtsbehörde Ofcom, dass "Minderheitenprogramme" wie Kultur oder Religion noch weiter verdrängt werden. Der Anteil von Sendungen mit religiösen Inhalten ist bei den fünf terrestrischen Sendern BBC1, BBC2, ITV1, Channel 4 und Five von 1998 bis 2002 um 16,6 Prozent zurückgegangen. Beim Marktführer BBC1 bedeutete das 2002 nach Ofcom-Berechnungen 18 Minuten wöchentlich zur Hauptsendezeit.

Skepsis über wesentliche Veränderungen bleibt angesichts das alles beherrschenden kommerziellen Drucks auf dem britischen Medienmarkt angebracht. Farrell nennt ein Beispiel: Zwar habe die BBC auf die Ausstrahlung von "Popetown" verzichtet. Doch nun werde die Serie von der Vermarktungstochter BBC Worldwide als Video und DVD auf den Markt gebracht und als Beitrag zum Filmfestival in Cannes geschickt.

Neu ist allerdings der Titel "Holy Smoke" -zu deutsch: Heiliger Bimbam!

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung