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Ein Theatergenie

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Konstantin Stanislawski) (1863 bis 1938) stammte aus Kreisen der Moskauer „Großkapitalisten“ — sein Vater war Industrieller — und wurde von den Sowjets mit dem Orden vom Roten Banner und dem Leninorden ausgezeichnet; er stand somit „zwischen den Zeiten“. Er war wohl ein völlig unpolitischer Mensch, den Blick ausschließlich auf sein Theater gerichtet. Seit der Gründung des „Moskauer Künstlertheaters“ (gemeinsam mit Nemi-rowitsch-Dantschenko) datiert ein neuer Abschnitt der Theatergeschichte. Stani-slawskij wurde erst in den dreißiger Jahren im Zeichen des „sozialistischen Realismus“ als Gegenspieler des „Formalismus“ rehabilitiert; bis dahin hatte er einen schweren Stand gehabt. Die Grundthese seiner Theaterrevolution lautete: Spielen heißt Leben. Das bedeutete keineswegs Theater als Abklatsch der realen Welt, sondern Wirklichkeit, die der Darsteller aus seinem Ich heraus schafft und die dann als Illusion „wirklicher ist als das Wirkliche“. Ungeheuerliches verlangte dieser Vollender des illusionistischen Theaters von seinen Schauspielern, indem sie die „Lügen der Dichter“ zu einer ..Wahrhaftigkeit der Bühnen“ machen sollten. Dazu schuf er ein eigenes System zur Ausbildung von Schauspielern. Dieses ist es vor allem, das bis heute — trotz der vorherrschenden Tendenz zum antiillusionistischen Theater — weiterwirkt.

Auf einer Veranstaltung zur Feier des 100. Geburtstages Stanislawskijs, zu det die Ös te «reichlich-Sowjetische Gesellschaft in die „Urania“ geladen hatte, umriß Professor Boris Krotkoff etwas umständlich Stanislawskijs Leben, während der Vortrag von Dr. Hugo Huppert über vieles hinwegging und geradlinig dem im Hintergrund lehnenden Porträt des Gefeierten (mit den Orden an der Brust) zu huldigen schien. Ungemein ansprechend waren die Erinnerungen Helene T h i m i g s über die außerordentliche Wirkung Stani-slawskij auf österreichische Schauspielet (vor allem auf Kainz), auf Max Reinhardt u. a. Sie selbst unterrichtet am Reinhardt-Seminar nach Stanislawskijs „Grammatik“ und im Sinne seines vorbildlichen Ensemblegeistes. Kurzfilme — eine Kostbarkeit an sich — zeigten ihn bei einer Probenbesprechung und Ausschnitte aus seinen Inszenierungen von A. K. Tolstojs „Zar Fjodor“ und Gorkijs „Nachtasyl“ mit den grandiosen Schauspielern Mos-kwin und Katschalow.

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