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Sartre in einem Band

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GESAMMELTE DRAMEN von Jean Paul Sartre. Rowohlt 1969, 770 Seiten. DM 14.80.

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GESAMMELTE DRAMEN von Jean Paul Sartre. Rowohlt 1969, 770 Seiten. DM 14.80.

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Über das Sartresche Theater haben bereits maßgebende Literaturhistoriker strenge Urteile gefällt, die den bekannten Stücken des Dramatikers Sartre, von den „Fliegen“ (1943) bis zu den „Troerinnen des Euripides“ (1965), ebensoviel, aber nicht mehr Lebensnähe und szenische Präsenz zubilligen wie der existentialisti- schen Botschaft des Philosophen. Der dramaturgischen Struktur nach bietet tatsächlich ein originales Theaterstück von Sartre (ich spreche also nicht von seinen Adaptierungen, „Kean“. 1953, nach Al. Dumas, oder „Die Troerinnen“) in mancher Hinsicht nichts anderes als die Verwendung der theatralischen Technik des bürgerlichen Dramas des 19. Jahrhunderts. Die Ideenwelt ist selbstverständlich eine ganz andere, die „Paketierung“ aber ist fast dieselbe geblieben. Was die „Ware“ anbelangt, das heißt das Gedankengut des existentialistischen, atheistischen Humanismus, kann man ihr, wenn man die letzte Entwicklung des philosophischen Denkens in Frankreich beobachtet, keine allzu große Lebensdauer und Wirksamkeit prophezeien. Fest steh"! jedenfalls, daß Sartre schon mit seinem fünften Stück, „Der Teufel und der liebe Gott“ (1951), der Lehre und der Belehrung mehr als der Handlung und der psychologischen Echtheit seiner Figuren Gewicht verliehen hat: die „These“, das pure Ideentheater hat, dank künstlich erdichteten Situationen, das wahre Leben, die existentielle Erfahrung zurückgedrängt, so das K. Korns Ausführungen im Klappentext, die Sartres Dramatik für „faszinierend“ und von „erregender Wirkung“ erklären, nicht ohne eine gewisse Skepsis aufgenommen werden können. Es ist immerhin sehr aufschlußreich, in einem einzigen Band Sartres Gesammelte Dramen in die Hand zu bekommen und diese umfangreiche, ehemals auf- sehen- und skandalerregende Produktion rückblickend in ihrer vollen Entfaltung zu umfassen und zu beurteilen. Das vorliegende Buch enthält übrigens Vorworte, die Sartre entweder eigens für die deutsche Ausgabe seines Theaters („Die Fliegen“, „Die Eingeschlossenen“) geschrieben hat oder die der Herausgeber der Sartreschen Bearbeitung der „Troerinnen“ mit Recht vorangestellt hat. Sartres Ansichten über den soziologischen Hintergrund, die mythische Symbolik, die Aktualität des Dramas von Euripides mit Bezug auf die Kolonialkriege und schließlich die angeblich atheistische Botschaft der griechischen Tragödie lehren den Sartre-Kenner nichts Neues: Sie bekräftigen aber und fassen eine Thematik zusammen, die Sartre in seinen Essays und philosophischen Traktaten in abstrakter Weise dargelegt hatte.

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