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Der große Konflikt

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Der Riesenroman „Welten und Brücken“ von Milovan Djilas schildert, vom Titel an, daß es in Jugoslawien 1924 „Welten“ gab, die Serben, Montenegriner und Türken trennten, und vereinzelt „Brücken“, die verbinden wollten, es aber fallweise nicht konnten.

Fünf blutige Tage werden beschrieben: Moslems in den Dörfern niedergemetzelt, ihre Häuser angezündet, städtische Honoratioren wie Gerichtspräsident, Schuldirektor und andere sind machtlos gegen die aufgestachelte Wut des Mob. Der Mord an dem einstigen Kriegs- (daher: Freiheits-)Helden Bulat Bulato-vic wurde Anlaß zu dem Pogrom; tiefere Ursache war der alte Haß gegen die Türken, deren Herrschaft zwar zwölf Jahre vorher

beendet worden, aber im Volk nicht vergessen war. Man war und blieb überzeugt, daß Türken das Idol Bulat umgebracht hatten, bewiesen war es nicht.

Vierzig Jahre nachher hält ein Chronist fest, die Täter seien zwei Verwandte und Mitkämpfer des Opfers gewesen.

Warum Djilas das Thema aufgegriffen hat? Es gab ihm Gelegenheit für eine breite Zeichnung nationaler Vorurteile sowie des Umstandes, daß Gruppenegoismus stärker sein kann als jedes Rechtsempfinden: ein leider unveraltetes Problem, von dem großen Ex-Revolutionär und Schriftsteller Milovan Djilas subtil und erschütternd zu Bewußtsein gebracht.

WELTEN UND BRUCKEN. Von Milovan Djilas. Nymphenburger Verlag, München 1987.848 Seiten, Ln., öS 374,40.

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