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Milovan, der Tapfere

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Milovan Djilas zählt zu jenen Männern, die gleich auf zweierlei Art und Weise bei der Formung ihres Zeitalters mitgewirkt haben: einmal als bedeutender Mitgestalter der Ereignisse - und dann wieder als Verfasser einer Reihe außergewöhnlicher Bücher, in denen er jene Gesellschaft, deren Geburtshelfer er war, beschreibt und kritisiert.

Abgesehen von ihren literarischen Qualitäten sind „Die neue Klasse“, „Gespräche mit Stalin“ oder seine autobiographischen Arbeiten ganz wesentliche Texte für alle jene, die das 20. Jahrhundert zu verstehen versuchen.

Ironischerweise war es gewiß Titos größtes Geschenk an seinen Kritiker, daß er dem Hinauswurf von

Djilas aus dem Bund jugoslawischer Kommunisten und seiner Einkerkerung zustimmte: Der Sturz in die Unfreiheit gab seiner Feder erst die Freiheit. Und wie groß Djilas, der Politiker, auch immer gewesen sein mag, Djilas, der Schriftsteller, ist allemal größer.

Außerdem: Man kann vermuten, daß Djilas seinen Platz am Gipfel der Macht niemals stur besetzt gehalten hätte. Von Anfang an war sein Charakter von einer seltenen moralischen Kompromißlosigkeit gekennzeichnet. Dieses stark ausgeprägte Ethos war unvereinbar mit der marxistischen Theorie und Praxis und es hat seine Karriere ebenso wie seine Werke geprägt.

Wer es gelesen hat, vergißt nicht die Verachtung, die Djilas dem Opportunismus Stalins, seinen rüden und grausamen Schabernacks sowie den banalen Trinkorgien entgegenbrachte. Titos Bruch mit Stalin wurde auch dadurch verursacht, daß Djilas sich geweigert hatte, die Greualtaten der Roten Armee in Jugoslawien einfach hinzunehmen.

Die Menschen in der freien Welt stehen alle in der Schuld dieses Mannes, der in seinem Leben ungewöhnlichen Mut und großes Erkenntnisvermögen bewiesen hat (und es noch immer tut). Wir nehmen die Gelegenheit seines 70. Geburtstages in diesen Tagen zum Anlaß, um uns vor seinen Talenten, seinem Mut und seiner Tapferkeit zu verbeugen.

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