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Djilas und Dollars

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Es kostete Milovan Djilas, dem ehemaligen „Kronprinzen“ des kommunistischen Jugoslawiens, viel Selbstüberwindung, ehe er sich entschloß, sein Buch „The New Class" zu schreiben. Er ist ein grüblerisch veranlagter Mensch, der richtige Montenegriner, ein schwerfälliger Mann, der nur ungern den einmal eingeschlagenen Weg verläßt. Hat er sich aber dazu entschlossen, dann wird er auf diesem Wege weitergehen bis ans bittere Ende. Er ist mit Leib und Seele Kommunist, gleichzeitig aber ist er überzeugter Demokrat, und diese etwas konfuse Auffassung brachte ihn frühzeitig in scharfen Gegensatz zu seinen diktatorisch veranlagten Kollegen. Ich hatte mehrmals Gelegenheit, mit Djilas zu sprechen, und glaube, ihn richtig zu charakterisieren. Daß ihn private Streitigkeiten bewogen, gegen die Partei aufzutreten, halte ich für über-, trieben; da er aber überempfindlich ist, könnte es möglich sein, daß das Verhalten der am „Hofe Titos“ dominierenden Frauen — durchweg Partisanin- nen — seiner jungen Frau gegenüber seinen Oppositionsgeist anregte.

Djilas hat drei Bücher geschrieben: „The New Class“, erschienen bei Friedrich A. Praeger in New York, „Land without justice", erschienen bei Harcourt & Brace, New York, und „The Anatomy of moral“ — eine Serie von Artikeln, die eigentlich seinen Bruch mit der Partei herbeiführten. Im Gefängnis hat er ein viertes Buch fertiggestellt, „Das Leben des Patriarchen und Regenten Njegosch“, über dessen Herausgabe er mit Harcourt verhandelt. Jedenfalls war er schon im Gefängnis, als er den letzten Teil des Manuskripts von „The New Class“ schrieb und ihn mühevoll aus dem Gefängnis und dann auf Umwegen ins Ausland schmuggelte. Daß er mit dem Verlag Praeger in Verbindung kam, ist reiner Zufall; er sah einmal eine Buchliste dieses Verlages und entschloß sijh, seine Arbeit diesem Verlag zu senden. Seine junge Frau, die während der Haft ihres Gatten in einer Bank arbeitete, hatte einen diesbezüglichen Auftrag von ihrem Gatten erhalten und führte ihn aus. Es war eine schlechte Wahl.

nicht beendet ist. Zuerst bekam Djilas auf seine zahllosen Briefe von Praeger überhaupt keine Antwort — als sich sein Anwalt, Dr. Kovacevic (Belgrad), einmengte, schrieb am 24. April 1961 die Privatsekretärin Praegers, ihr Chef wäre auf Reisen, könne daher nicht antworten; Herr Djilas aber, fuhr sie fort, hätte für sein Buch „The New Class" keinen Anspruch auf er 1960 und 1961 vom Verlag Harcourt in New York regelmäßig große Beträge erhalten habe, die ihm die jugoslawische Nationalbank — allerdings in Dinar — auszahlte. Schwierigkeiten hätte es keine gegeben. Auf das neuerliche Ansuchen Djilas’, sein Honorar Dr. Schweitzer zu überweisen, entgegnete Praeger, er könne dies nicht tun, da der ,,alte Herr in Afrika“ mit der jugoslawischen Regierung Schwierigkeiten hätte und das Geld schließlich doch verlorengehen würde. Auf die Frage Djilas’, wie die jugoslawische Regierung praktisch Dr. Schweitzer in Afrika das ihm aus Amerika angewiesene Geld wegnehmen könne, gab Praeger keine Antwort.

„Was für ein Narr war er“

Interessant ist, daß die kommunistischen Zeitungen Jugoslawiens den Fall Djilas neuerlich aufgriffen und ironisch schrieben, jetzt erst sehe man, was für ein Narr Djilas gewesen wäre. „Er ließ sich einsperren, damit sich amerikanische ,Profitgeier’ mit den Früchten seiner antikommunistischen Propaganda ihre Taschen füllen können.“

Djilas ist heute ein freier Mann. Er bewohnt in Belgrad eine große Wohnung und lebt von den Honoraren, die ihm der Verlag Harcourt regelmäßig zukommen läßt. Über das Honorar für sein Buch „The New Class“, das ein einzigartiger Bestseller auf dem internationalen Büchermarkt war, hat er endgültig das Kreuz gemacht. Einem Verwandten des Bildhauers Mestrovic, der ihn heuer besuchte, sagte er ironisch-wehmütig: „Mein ganzes

Honorar für das Buch, das einen einzigartigen Erfolg hatte und ungeheures Aufsehen erregte, sind zwei schön eingebundene Pflichtexemplare. Klagen

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