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Der Preis der Kritik

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Milovan Djilas wurde im Jahre 1962 im Anschluß an die Veröffentlichung seines Buches „Gespräche mit Stalin” — es erschien im Ausland — zu einer Gefängnisstrafe verurteilt und befindet sich noch immer im Gefängnis Sremska Mitrovica. Ja, soweit man die Lage derzeit überblicken kann, wird er dort bis zum Jahre 1971 bleiben. Dann wird er 60 Jahre alt sein.

In dem genannten Gefängnis, auf der winddurchbrausten Ebene der Woiwodina gelegen, teilt Djilas die Zelle mit einem ehemaligen jugoslawischen Diplomaten, der wegen Devisenvergelhens eine Gefängnisstrafe absitzt. Obwohl Djilas’ Behandlung vielleicht nach dem Buchstaben des Gesetzes korrekt ist, bleibt sie doch hart.

Im Winter wird die Zelle nicht geheizt, und die Kälte ist in dieser ausgesetzten Lage sehr fühlbar. Als Folge des Gefängnisessens hat Djilas im Verlaufe des Jahres 1965 bereits dreimal eine Nahrungsmittelvergiftung erlitten und war daher nicht in der Lage, die ihm von seinen Familienangehörigen zu den verschiedenen Feiertagen gesandten Eßpakete zu essen.

Als er zum erstenmal wieder ins Gefängnis eingeliefert wurde, erhielt er kein Schreibmaterial; später jedoch gab man ihm eine Feder. Auch wurde ihm im Anfang ordentliches Schreibpapier verweigert, so daß er auf mühsam Seite um Seite zusammengelegtem Toilettepapier schreiben mußte. Jedoch gelang es ihm, auf diese Weise zwei Bände einer Übersetzung von John Miltons „Verlorenes Paradies” sowie zwei Romane fertigzustellen.

22 von den 24 Stunden eines Tages verbringt Djilas in seiner Zelle, da er sich weigert, an der normalen Gefängnisarbeit teilzunehmen. Er wurde zu Zwangsarbeit verurteilt und macht geltend, daß er als politischer Häftling von seinen ehemaligen Parteigenossen und Regierungskollegen mindestens ebensogut behandelt werden müsse wie von den Gefängniswärtern des Königs vor dem zweiten Weltkrieg.

Djilas hatte 1962 noch neun Jahre abzubüßen: den Rest seiner vorhergehenden Gefängnisstrafe (vier Jahre zusätzlich der neuerlichen Gefängnisstrafe im Ausmaß von fünf Jahren.

Obwohl Djilas Berichten nach bei halbweg guter Gesundheit und guten Mutes ist, bedeutet doch der harte Winter für ihn eine schwere Belastung, und man hegt Befürchtungen, ob und wie er den kommenden Winter überstehen wird. Auch die Gesundheit seiner Frau hat gelitten, und man hört, daß sie sich wahrscheinlich einer schweren Nierenoperation wird unterziehen müssen.

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