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Der Heilige aus aus Taßwitz

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Knapp jenseits der österreichischen Staatsgrenze liegt in der CSFR der Gebu rtsort von Klemens Maria Hofbauer. Und über die Grenze hinweg führt ein alter „ Holzweg ", ein techn isches Kulturdenkmal, heute eine Idylle. Zwei Tips von „Grenzgänger" Peter Soukup.

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Knapp jenseits der österreichischen Staatsgrenze liegt in der CSFR der Gebu rtsort von Klemens Maria Hofbauer. Und über die Grenze hinweg führt ein alter „ Holzweg ", ein techn isches Kulturdenkmal, heute eine Idylle. Zwei Tips von „Grenzgänger" Peter Soukup.

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Rund zehn Kilometer östlich von Znojmo (Znaim) liegt der kleine Flecken Tasovice. Bevor man in den Ort kommt, überquert man auf einer schmalen Brücke die Thaya (Dyje). Auf alten Landkarten findet man noch die alte Bezeichnung von Tasovice: Taßwitz.

Tasovice ist heute ein Dorf im mährischen Teil der Tschecho-Slöwakei wie Hunderte andere auch: alte, graue - zum Teil sehr schöne - Bauernhäuser, diedringend frische Färbelung bräuchten.

Auf einer kleinen Anhöhe über dem Dorf die Pfarrkirche, ein sehr schöner Barockbau aus dem 1 8. Jahrhundert. Zur Pfarrkirche führt eine schmale Treppe, die hinter einem steinernen Portal verschwindet. Ein Mann, der gerade die Wand neben der Treppe kalkt, · grüßt freundlich.

Das Bild mit dem Mann bei der Kirchentreppe geht mir nicht aus dem Kopf: Genau so mag es hier vor mehr als zweihundert Jahren ausgesehen haben, als Johannes Hofbauer hier in Taßwitz das Licht der Welt erblickt hat.

Rund 100 Meter vom Kirchensteig entfernt stand auf der heutigen Hauptstraße das Geburtshaus des kleinen Johannes, der später mit vollem Namen Johannes Klemens Maria Hofbauer hieß, nachdem er in Monte Cassino seinen Ordensnamen angenommen hatte

Er wurde am 26. November 1751 als neuntes von zwölf Kindern geboren. Klemens Maria war zuerst Bäckerlehrling und Geselle in Znaim, ehe man es ihm ermöglichte, einer höhere Schule zu besuchen. Trotz vieler Schwierigkeiten studierte er und trat mit 33 Jahren als Spätberufener in den 1 732 gegründeten Redemptoristenorden ein, dessen besondere Bestimmung die Volksmission war. Im Jahr 1802 · schuf er selbst die Grundlage für eine Niederlassung der Redemptoristen für Mähren

Die Ro????te ab Grenzüberga11g 1 Klein-Haugsdorf: In der CSFR über die Staatsstraße 38 bis Chvalovic;e, von dort rechts abzweigend nach Naeeratice und von dort weiter nach Tasovice. Dort steht, an der rechten Seite der Hauptstraße die HofbauerKirche (Kontaktadresse von Pater Grohs: Fami urad, Tasovice, CS 669- 01 Znojmo). Von Tasovice kurz auf einer Bezirksstraße zur Kreuzung mit der Staatsstraße 54 (links abzweigen) und auf dieser direkt nach Znaim. Das Haus des Lehrherrn von Klemens Maria Hofbauer ist auf der Südseite des Vaclavske namesti (Wenzelplatz) zu finden.

Von den vielen Werken, die uns Klemens Maria Ho!bauer hinterlassen hat, ist 1786, anläßlich des Besuches des Geburtsortes Taßwitz, jenes über die Lage der Religiosität in Mähren· entstanden. Das war auch das Jahr, in dem er gegen Norden aufgebrochen ist, um vor allem im preußisch besetzten Polen zu wirken. Nach vielen Jahren in Warschau wurde sein Kloster St. Benno von Napoleon aufgelöst und er wanderte nach Wien, wo er als Prediger und Seelsorger zu einer zentralen geistigen Gestalt der Stadt wurde.

Nach seinem Tod 1820 wurde er zuerst am „Romantikerfriedhof" Maria Enzersdorf begraben, später wurde er exhumiert und in die Kirche Maria am Gestade in Wien übertragen. 1888 wurde der „Apostel von Warschau und Wien" selig-, 1909 heiliggesprochen.

Das Geburtshaus 'in Taßwitz wurde in den zwanziger Jahren abgerissen und an seine Stelle eine kleine Kirche gebaut, die vom Wiener Architekten Hofmeister stanuhen so11. Iin Entree dieser Kirche ist· heute eine Dokumentation über das Geburtshaus und die Familie des Heiligen zu sehen.

Pater Grohs, der Pfarrer von Tasovice, führt jeden Besucher gerne durch das schlichte Gebäude, das noch im Originalzustand erhalten ist. Im ursprünglichen Zustand sind auch noch die wunderschönen Bleiglasfenster, die das Leben des Heiligen zeigen. Sie tragen noch die deutschen Namen der Stifter. Und Pater Grohs hält mit ihren Familien auch noch Kontakt, auch wenn sie durch die Vertreibung zerstreut worden sind.

„Seit die Grenzen weit offen sind", freut sich Pater Grohs, „kommen immer wieder Gläubige zu uns, die diese Kirche besuchen und oft auch die Messe mitfeiern." Voll ist die Kirche auch so, vor allem im Winterhalbjahr. Denn dann ist die Dorfkirche, weil sie nicht beheizbar ist, etwa bis Mitte April geschlossen und die Ortsgottesdienste - „Zirka zwanzig bis dreißig Prozent der Ortsbewohner ge-

hen regelmäßig zum Gottesdienst" (Grohs) - finden in der HofbauerKirche statt. Eine stattliche Bilanz, um die Pater Grohs mancher beneidet: „Der Pfarrer unseres N ebenortes bringt höchstens zehn Prozent der Einwohner auf die Beine." Und seit den Umwälzungen im Vorjahr kommen auch immer .mehr junge Menschen, nur die mittleren Jahrgänge fehlen - noch. Pater Grohs lächelt: „Wer weiß, vielleicht kommen

sie eines Tages auch noch." In Znaim geht die Spur des Heiligen vorerst leider verloren. Wohl ist·das Haus zu sehen, in dem Klemens Maria Hofbauer das Bäckerhandwerk erlernt und wo er in der Gesellenzeit seine Berufung erfahren. hat, aber weitere Spuren fanden sich - trotz tatkräftiger Unterstützung . freundlicher und auch · deuts.ch sprechender Passanten - nicht.

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