7121091-1996_37_14.jpg
Digital In Arbeit

Unbehagen beim Wort „Ausländer"

Werbung
Werbung
Werbung

Das Wort „Ausländer", so eröffnet uns eine Umfrage (1995) des Linzer Meinungsforschungsinstitutes IMAS, befindet sich auf der Rangliste von syrhpathischen Begriffen weit unten. Ks rangiert zusammen mit den Begriffen „Partei" und „Beamtentum" knapp vor dem absoluten Schlußlicht in der Beliebtheitsskala, nämlich der „Kernenergie". Positiv besetzt sind in den Augen der Mehrheit Begriffe wie „Heimat", „Sicherheit" und „Ordnung". Sie stehen nach dem Ergebnis der Umfrage an oberster Stelle, dicht gefolgt von „Technik", „Forschung" und „modern". Im Mittelfeld der Sympathiewerte liegen unter anderem „Wachstum"' „Umweltpolitik" und „Reform".

Offensichtlich hat sich der Begriff „Ausländer" zu einem solchen mit durchwegs negativen Assoziationen entwickelt. Slogans wie „Ausländer raus", Worte wie „Ausländerfeindlichkeit" oder „Ausländer-hatz" tragen zu diesem Ne gativbild sicherlich bei. Als unbestritten gilt inzwischen aber auch die Tatsache, daß schon die bloße Verwendung des Wortes „Ausländer" als Diskriminierung gilt. „Wenn man das Wort ,Ausländer' sagt, bekommt man ein's auf die Finger", formuliert es der Wiener Soziologe Reinhold Knoll.

Wen meinen nun die Österreicher, wenn sie von „Ausländern" sprechen? Erfahrungsgemäß wird längst nicht für alle Personen, die eine andere als die Staatsangehörigkeit ihres Aufenthaltslandes besitzen, diese Bezeichnung gewählt. Wir sprechen von Engländern, Deutschen und Amerikanern, verwenden gerne Koseformen wie „Piefke" oder „Ami". Richtige „Ausländer" sind aber andere Leute, nämlich Türken, Serben oder Araber.

„Wir akzeptieren all jene Ausländer, die das Kriterium des Exotismus erfüllen",meintder Wiener Soziologe. „Wir akzeptieren, daß Italiener laute?, Deutsche fleißiger sind als wir und so weiter". Allerdings akzeptieren wir es nur solange, als es nicht unsere eigene Identität zu be-drohen scheint.

Ein weiteres Kriterium für die Akzeptanz von Ausländern im eigenen Land ist die Sprachkenntnis. „Wir lernen eben Englisch und Französisch in der Schule, nicht aber Türkisch oder Slowenisch", so Knoll. Schließlich stellen die „Verhaltensaffinitäten" mancher Länder ebenfalls einen Grund für Sympathie dar.

Eine frühere IMAS-Studie weist auch auf den engen Zusammenhang zwischen persönlicher Begegnung mit einem fremden Land und dem Aufbau von Sympathie hin.

Es ist einleuchtend, daß Ausländer umso mehr als solche gesehen werden, wenn sie Sprache und Sozialisation des Landes nicht beherrschen.

Ein Integrationsproblem ortet Soziologe Knoll darin, „daß sich ein Ausländer in der Fremde seine eigene Tradition erst richtig bewußt macht -und zwar im Standard seiner Kindheitserinnerungen". Ahnlich wie wir in Australien mit weinendem Auge und entsprechend verkitscht-senti-mentaler Inszenierung Weihnachten feiern mögen, muß der Ausländer hier „übertreibend seine Identität inszenieren". Genau dadurch stigmatisiert er sich aber - und wird erst richtig zum Ausländer.

Die Autorin ist freie Journalistin.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung