6902227-1980_31_06.jpg
Digital In Arbeit

Ein Biedermann als Aushängeschild?

Werbung
Werbung
Werbung

Kurz zuvor war ein Buch mit dem Titel „13 Kandidaten für den Premier" erschienen, in dem ausgerechnet Zenko Suzukis Name nicht erwähnt ist. Und tatsächlich erfüllt er keine der Bedingungen, die in Japan gewöhnlich an den Ministerpräsidenten gestellt werden.

In einer Fischerfamilie in der ärmsten Präfektur Iwate geboren, besuchte er nur eine Fischereifachschule, begann seine Laufbahn als Gewerkschaftsführer und wurde erstmals als Sozialist in das japanische Unterhaus gewählt. Dort wechselte er zur Regierungspartei, um für seinen Wahlkreis mit offizieller Hilfe bessere Bedingungen schaffen zu können.

Kurze Zeit verwaltete er die Ministerien für Wohlfahrt, Post sowie Landwirtschaft und Fischerei, aber keines der drei großen Ministerien (Finanz, Außenhandel, Äußeres), die als unerläßliche Lehrstufen für einen Premier gelten. Zudem war er in der Partei nie Generalsekretär.

Auch steht ihm nicht, wie dem ebenfalls ohne Eliteschule hochgekommenen Kakuei Tanaka, eine riesige (korrupte) Finanzmacht zur Verfügung. Suzuki diente stets im Hintergrund als Ohiras rechte Hand.

Sein Hauptkapital ist seine gewinnende Persönlichkeit, die seinem Namen Zenko (Glückskind) alle Ehre macht. Gerühmt wird sein Talent zur ausgleichenden Verhandlungsführung. Auch blieb er in seiner langen Laufbahn in der von Skandalen geschüttelten LDP von jedem Verdacht unberührt.

Der joviale Mann ist der einzige, der von Kollegen aller Couleur mit Vornamen angeredet wird. So war er der gegebene Mann, als die drei Starken innerhalb der LDP (Nakasone, Komoto, Miyazawa) die Partei erneut in einen ruinösen Zwist zu führen schienen.

Tatsächlich ergeben sich die Gründe für seine Wahl aus der innerparteilichen Konstellation. Zehn Jahre lang war die LDP durch Machtkämpfe zwischen den vier Lehensfürsten Tanaka, Miki, Fukuda und Ohira zerrissen.

Suzuki, der keine Feinde hat, wurde von den Altherren an der Spitze vorgezogen, um einen neuen, die Partei selbstzerfleischenden Kampf zwischen Nakasone, Komoto und Miyazawa zu vermeiden. Hilfreich für ihn war dabei sicher seine freundschaftliche Beziehung zu Tanaka. Denn dieser „Königsmacher" kontrolliert, obwohl er im Gefolge des Lockheed-Skandals aus der Partei ausschied, noch immer ein Viertel der Mandate.

Zenko Suzukis neues Kabinett zeigt bereits sein Talent, zwischen den zerstrittenen Fraktionen ausgleichend zu

(wirken. Seinen Hauptrivalen Nakasone und Komoto schob er die herkulische Aufgabe der Wirtschaftsplanung und Verwaltungsreform zu, wo sie ohne Steuererhöhung, sondern durch Rationalisierung die zerrütteten Staatsfinanzen sanieren sollen.

Den Mann mit der besten Auslandserfahrung, Miyazawa, ernannte er zum Kabinettschef, damit er seine Mängel ausgleiche - um so notwendiger, da auch der neue Außenminister Mashayoshi Ito gewissermaßen ein Amateur ist.

Die geschlagenen Bewerber sehen in Suzuki dennoch nur einen Mann des Ubergangs, der einem stärkeren den Weg bereitet. Deshalb wollen sie alle möglichst nahe dem Machtzentrum verweilen, um ihre Stunde abzuwarten.

Suzuki aber kann ungestört auf zwei Jahre bis zur nächsten Wahl des Parteipräsidenten, und vier Jahre bis zur nächsten Unterhauswahl mit der stärksten Mehrheit seit einem Dutzend Jahren rechnen.

Es ist zu erwarten, daß die von Ohira eingeleiteten Initiativen und großen politischen Leitmotive von Suzuki konsequent weiterverfolgt werden: also die Bündnistreue zu den USA, die engere Zusammenarbeit mit der Europäischen Gemeinschaft, die Schaffung einer Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft, der Dialog mit der Dritten Welt, schließlich die Verstärkung der japanischen Verteidigung und die Sanierung der Staatsfinanzen. Suzuki könnte eine längere Periode der Stabilität einleiten.

Dennoch: Einige Umstände lassen viele Japaner auch mit einer gewissen Sorge in die Zukunft blicken. Da ist etwa die beunruhigende Tatsache, daß Susumu Nikaideo, Tanakas engster Mitarbeiter, die Nachfolge Suzukis als Chef der Parteiexekutive antritt. Er war bisher in der Versenkung verschwunden, da er von Lockheed angeblich rund sieben Millionen Schilling Schmiergelder bezogen hatte.

Tanaka, Matsuno und Sato, die ebenfalls Schmiergelder von Flugzeug-firmen angenommen hatten, wurden in den „Ethikausschuß" des Unterhauses berufen, der über Verfehlungen der Parlamentarier zu befinden hat.

Der Ausschuß zur Abklärung der Flugzeugbeschaffung, vor dem alle ebengenannten Politiker und einige Leute mehr auszusagen hatten, wurde sogleich aufgelöst. Kein-Wunder, daß die Meinung an Boden gewinnt, der Biedermann Suzuki diene Tanaka als Aushängeschild, mit ihm wolle Tanaka die Rehabilitation in der Lockheed-Affäre erreichen und seine Rückkehr an die Macht vorbereiten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung