Sebastian Kurz - © Foto: APA/Hans Klaus Techt

Fremdkörper. Oder: Kurz - der Film

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Lydia Mischkulnig steigt in den Turm, dessen Front ein sehr großes Konterfei ziert. Über Hybris und die Kunst, Puppen als Larven einer Macht zu entlarven.

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Lydia Mischkulnig steigt in den Turm, dessen Front ein sehr großes Konterfei ziert. Über Hybris und die Kunst, Puppen als Larven einer Macht zu entlarven.

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Ich hatte Lust auf einen Espresso, ging in den Turm, dessen Front das Gesicht einer Puppe zierte. Der Turm war nicht gerade das World Trade Center, aber ich dachte doch, ins höchste Stockwerk zu fahren, ins „Window on the World“, um durch das Auge der affichierten Gestalt mein geliebtes Wien zu sehen. Der Blick fiel auf lauter Augen, in denen die Schönheit des Affichierten lag. Ich tanzte auf dem Vulkan. Die Zeiten waren irre, wie mir widerstrebt, es niederzuschreiben, weil es immer stimmt, eine Plattitüde, doch ich saß im Auge des Betrachters einer mir fremden Perspektive. Sie gehörte der Lichtgestalt, die keine Wahrheit neben sich duldete. Missstände wurden mit ihrem Glanz überstrahlt. Eine Art Barbieland war visioniert. Immer Spaß und keine Sterblichkeit. Reich und Schön. Die Frage nur: für wen? Da gibt es Duschen ohne Wasser und Wellen aus Plastik, Essen aus Luft, nur die Verpackung. Wer kann so wirklich leben? Niemand.

Richtig ist daher, dass die Kunst, jene Kurt Langbeins, die Machenschaften dieses Ken im Kino unter die Lupe nimmt und dem Pöbel, also mir, aufzeigt, wie die türkise Sekte den Blick mit rosa Brille verhängt und mit Oligarchie-Bestreben den Kopf verdreht. Puppen als Larven einer Macht zu entlarven, die zur Verpuppung neigt und schlüpfrig ist, macht meinen Spaß der Erwartung an den Film aus. Kunst ist Ernst. Salbungsvolles Gerede entpuppte sich als Chat der Verachtung zur Schande des Affichierten. Wer ein Mensch ist, entscheidet die Message Control. Nur Geblendete folgten ins Land ewigen Quells und gehörten zur Familie der Jugend. Geblieben sind Long Covid und die Lehre, dass Oligarchen schnell am Verwesen sind, dass die Hybris des „Sich-alles-richten-Könnens“ ins Kriminal gehört. Das Eis der Zurückhaltung schmilzt, der Faschismus rinnt heraus. Was tun? Tempo hundert? Glockengeläut gegen Unwetter? Bild dir nix ein.

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