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Katholische Aktion: Im Zweifel für Verzicht

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Die Konferenz der Katholischen Aktion Österreichs stellte bei ihrer Herbsttagung am 29. September im Bildungshaus Schloß Puchberg zur bevorstehenden Volksabstimmung über die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Zwentendorf am 5. November 1978 fest:

1. Österreichs Bürger sind zu einer Volksabstimmung aufgerufen. Die Belebung der direkten Demokratie ist grundsätzlich zu begrüßen

Jede Entscheidung, die nach sorgfältiger Erwägung zustande kommt, verdient Respekt. Keinem, der sich nach sorgfältiger Überlegung zu einem Ja, einem Nein oder zur Abgabe eines nicht ausgefüllten Stimmzettels entschließt, kann die Redlichkeit abgesprochen werden.

3. Wer Schwierigkeiten hat, im jetzigen Zeitpunkt zu einem eindeutigen Ja oder Nein zu kommen, sollte im Zweifel für jenen Weg eintreten, der kommenden Generatio-

- besonders dann, wenn es sich um eine überschaubare Entscheidung handelt, die keine komplizierten Fachkenntnisse voraussetzt.

Beim Gesetz über die Freigabe der Abtreibung wäre diese Bedingung erfüllt gewesen. Damals wurde eine Volksabstimmung verweigert, die dem Wähler jetzt in einer sachlich ungleich schwierigen und rechtlich umstrittenen Frage aufgedrängt wird. Der Eindruck ist unabweisbar, daß der Nationalrat die Volksabstimmung beschlossen hat, um sich damit selbst zu entlasten.

2. Die Katholische Aktion Österreichs ruft ungeachtet dieser Bedenken alle wahlberechtigten Österreicher auf, sich ihrer staatsbürgerlichen Verantwortung nicht zu entziehen. Wie die österreichischen Bischöfe erklärt haben, begrüßt und unterstützt die Kirche alle Bemühungen, in djsr Energiediskussion ethischen Wertmaßstäben Geltung zu verschaffen.

nen keine unwägbaren Risken aufbürdet, sondern auf Zwentendorf verzichtet, bis andere, weniger riskante Energiequellen erschlossen sind.

4. Die Katholische Aktion Österreichs appelliert an alle Diskussionspartner, die Auseinandersetzung sachlich, ohne einseitige Schwarzweißmalerei und ohne Entfachung unkontrollierter Leidenschaften zu führen.

5. Die Verantwortung von uns allen endet nicht mit der Abgabe des Stimmzettels. Die Auseinandersetzung um die Kernenergie muß auch zur Besinnung darüber Anlaß geben, wie die Gesellschaft der Zukunft aussehen soll: Die forcierte Ausbeutung der Atomenergie kann zu einem Maß an Sicherheitsauflagen und Kontrollvorkehrungen führen, das unsere Freiheit in Gefahr bringt. Quantitatives Wachstum und materieller Wohlstand können nicht die alleinigen Gradmesser des Fortschritts sein.

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