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Korb für Frieden

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Die kommende Juni-Woche hatte die Stunde der Wahrheit für Mittelamerika werden können. Aber die Weigerung des salvadorianischen Präsidenten Napoleon Duarte, nach Guatemala zu fahren, ließ den sorgfältig vorbereiteten mittelamerikanischen Präsidentengipfel platzen.

Dabei waren die Aussichten für einen Frieden in dieser Region günstig: Ein Vertragsentwurf aus der Region selbst, der sogenannte

Arias-Plan, liegt vor. Präsident Oskar Arias aus Kostarika hat Westeuropa bereist, um die Unterstützung der Westeuropäer sicherzustellen. Sein Amtskollege Vinicio Cerezo aus Guatemala sprach mit Präsident Ronald Reagan über den regionalen Vorschlag. Auch die Contadora- Gruppe stand bereit, aber die USA sprachen ein subtiles Veto.

Der Arias-Plan hält an und für sich an seinen Zeit-Vorgaben fest: an erster Stelle, mit höchster Priorität, müßte eine Feuereinstellung seitens aller kriegfüh renden Parteien erfolgen; ein präziser Demokratisierungsvorgang (Nikaragua eingeschlossen) müßte einsetzen; mit den Oppositionen wäre jeweils ein nationaler Dialog aufzunehmen.

Innerhalb von 30 Tagen nach Unterzeichnung müßte eine internationale Uberwachungskom- mission (in Zusammenarbeit mit den Contadora-Staaten) auf den Beinen stehen und die Arbeit aufnehmen. Innerhalb von 60 Tagen müßte eine umfassende politische Amnestie beginnen, müßten die Rüstungskontrolle und deren Verifizierung in der Region an- laufen, müßten uneingeschränkte politische Freiheiten und volle Pressefreiheit gegeben sein. Innerhalb von sechs Monaten müßte die Amnestie durchgezogen sein, müßten freie Wahlen zum Zentralamerikanischen Parlament (ein Lieblingsprojekt des guate maltekischen Präsidenten Vinicio Cerezo) erfolgen.

Bisherige Friedensvorschläge forderten vom sandinistischen Nikaragua immer Vorleistungen. Der Arias-Plan verlegt die Leistungen in die Zukunft, was auch Nikaragua akzeptabel erscheinen könnte. Außerdem gibt es auch bei den sandinistischen Coman- dantes einen Lernprozeß: Die heutige Regierung unter Präsident Daniel Ortega glaubt nicht mehr wie früher, daß ein militärischer Sieg gegen die Contras automatisch den kriegerischen Konflikt beenden würde. So ist die angedeutete Bereitschaft der Sandinisten, außen- und sicherheitspolitischen Erwägungen einen Platz einzuräumen und Leistungen in Richtung Demokratie und Pluralismus, zumindest auf der formellen Ebene, zu erbringen, bezeichnend für das tastend neue Klima im zerrütteten Mittelamerika.

Eindeutige Helden dieser wichtigen, vielleicht sogar entscheidenden Friedenschance sind Präsident Arias und der guatemaltekische Christdemokrat Cerezo. Beide bauen an eigenen Neutralitätspositionen, was den Friedensprozeß in Mittelamerika flankierend einrahmen könnte.

Aber vorläufig soll es noch nicht dazu kommen. Washington, das den geplanten mittelamerikanischen Gipfel in Guatemala nicht goutierte, hatte seinen Sonderbotschafter Philip Habib ausgesandt, um die Wankelmütigen unter Druck zu setzen. Duarte sagte seine Teilnahme ab. Daß ausgerechnet der Christdemokrat Duarte aus El Salvador dem gastgebenden Christdemokraten Cerezo aus Guatemala einen Korb gibt, ist ein weiterer Farbtupfer in Mittelamerikas Schlachtengemälde.

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