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NATO-Schwach- stelle Ottawa?

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Obwohl Kanadas Streitkräfte kaum 80.000 Mann zählen - interessanterweise dienten nur 304 im letzten Weltkrieg - sind sie immer wieder im Mittelpunkt erregter innenpolitischer Debatten. Jüngstes Beispiel: Jacques Painchaud (43), Oberst des „Cana- dian-Airborne“-Regimentes (Luftlandetruppe), einer Eliteeinheit der kanadischen Armee, wurde seines Kommandos enthoben. Der Grund dafür: Oberst Painchaud hatte Aussagen des Verteidigungsministers Bamett Dan- son als dumm bezeichnet und gleich noch hinzugefügt, der Minister möge doch zurücktreten.

Verteidigungsminister Danson, Leutnant im letzten Krieg, hatte in der Presse wiederholt angekündigt, die Elitetruppe unter den Fallschirmspringern würde möglicherweise aufgelöst werden. Der Minister bemerkte dazu, daß er keine Eliteeinheiten in der Armee unterstütze.

Die Luftlandetruppe, ursprünglich in Edmonton in der Prärie stationiert, wurde im November 1976 - wenige Tage nach dem sensationellen Triumph der Separatisten bei den Wahlen in Quebec - nach Petawawa (Ontario) verlegt. Gerüchte zirkulierten, der Grund für die Verlegung des „Airborne“-Regimentes nach Petawawa, unweit von Quebec, sei die ungewisse politische Lage in „La Belle Province“.

Das Amt des kanadischen Verteidigungsministers ist kein ruhiger Posten. Von allen NATO-Mitgliedstaaten gibt nur noch Luxemburg einen kleineren Teil des Bruttosozialproduktes als Kanada für die Streitkräfte aus. Seit 1963 sank die Zahl der Angehörigen der bewaffneten Macht von 120.000 auf unter 80.000, mehr als 15.000 davon sind Offiziere. Bamett Dansons Vorgänger Richardson, der in manchen Bereichen mit der Politik seines Re gierungschefs Pierre Trudeau nicht zufrieden war, verließ vor kurzem die Liberale Partei und ist nun „unabhängiger“ Abgeordneter. Paul Hellyer, ein anderer früherer Verteidigungsminister der Regierung Trudeau, ging zu den Konservativen über.

Die Einführung moderner Waffensysteme für die kanadischen Streitkräfte geht nur langsam vor sich, obwohl schon seit längerer Zeit von einem „Grünen Licht für die Modernisierung“ gesprochen wurde. Dazu gehören unter anderem 128 Stück des deutschen „Leopard-C-1“-Kampfpanzers, der die veralteten „Centurions“ ersetzen soll. Dabei wurde erst vor kurzem bekannt, daß die Schweiz 15 veraltete „Centurion“-Panzer kaufte und sich „gleichzeitig verpflichtete, diese ausschließlich zur eigenen Verteidigung zu verwenden“.

Für den Kauf von Kampfflugzeugen sind mehr als zwei Milliarden Dollar vorgesehen, gleichzeitig ist eine große Zahl gepanzerter Allzweckfahrzeuge bei Kanadas General-Motors-Werken bestellt worden.

Ursprünglich war die „Royal Navy“ der Schild Kanadas, jetzt sind es die Vereinigten Staaten. Es stimmt bedenklich, daß trotz der strategischen Lage zwischen den beiden Supermächten USA und UdSSR das kanadische Verteidigungsministerium nur etwa 2,3 Prozent des Bruttosozialproduktes zur Verfügung hat!

Den als Kommandanten der Elitetruppe gefeuerten Oberst Jacques Painchaud - der als populärer Offizier mit hervorragenden Führungsqualitäten gilt - erwartet nun eine neue Aufgabe: Er wird „Desk Jockey“ - Schreibtischoffizier - im Verteidigungsministerium in Ottawa …

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