Die österreichische Gewerkschaftsbewegung ist eine Organisation, der auf Grund ihres verantwortungsbewußten Auftretens ein erheblicher Anteil am Aufbau und der Sicherung unseres derzeitigen Wohlstandes zukommt. Tausende Österreicher, nicht nur Sozialisten, auch parteiungebundene sowie der ÖVP oder der FPÖ angehörende Arbeitnehmer sind mit Recht stolz auf ihre Mitgliedschaft zur Gewerkschaftsbewegung.
Um so bedenklicher ist es, wenn nun der Gewerkschaftsbund offenbar als Entsatzheer für die in Bedrängnis geratenen Sozialisten wie weiland König Sobieskis Polenscharen in die Schlacht geworfen wird.
Durch den offensichtlichen Versuch, der Öffentlichkeit eine Identität einiger weniger Spitzengewerkschafter mit der Gesamtzahl der Mitglieder vorzugaukeln, bekommt die Angelegenheit einen zusätzlichen undemokratischen Anstrich.
So sagte ÖGB-Chef Anton Be-nya: „Unsere Einstellung zu jeder Regierung wird sich danach richten, wie diese bereit ist, Politik im Interesse der Arbeitnehmer zu machen.“ Übersetzt in die Sprache der Wahl-Nahkämpfer heißt das: „Wenn die Regierung nicht tut, was dem ÖGB paßt, dann seht euch vor
Vizekanzler Hannes Androsch, der übrigens längst Ziehvater Kreisky gegen Benya eingetauscht hat, wiederum sagte: Bei einer Regierung Taus-Götz sei „eine Verschärfung der sozialen Spannungen und damit eine Gefährdung des sozialen Friedens wahrscheinlich“. In Wahlkampfdeutsch: „Wenn Taus und Götz kommen, werden die Arbeitnehmer um ihre Löhne betrogen, dann gibt's Streiks!“
Der überparteiliche Gewerkschaftsbund hat seine staatspolitische Aufgabe zu erfüllen, egal ob der Kanzler einer Regierung Kreisky, Androsch oder Götz heißt.
Mit Recht hat man der Kirche einst den Vorwurf gemacht, von der Kanzel herunter Wahlempfehlungen zu geben. Dafür haben mittlerweile die Gewerkschafts-Prediger mit einer nicht weniger problematischen Wahlempfehlung die Kanzel bestiegen: Kreisky oder das Chaos!
