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Ruhender Pol

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In diesem dreißigsten Jahr der tunesischen Unabhängigkeit feierte am 3. August ihr Begründer Habib Burgiba seinen 83. Geburtstag. Der große alte Mann Tunesiens ist mit 29 Amtsjahren auch dienstältester, das heißt stabilster Staatschef in ganz Nordafrika und dem Nahen Osten nach dem schon 1953 gekrönten König Hussein von Jordanien. Wie die Dinge in Tunesien im Anschluß an den Regierungswechsel vom Juli und gesamtarabisch, nach dem umstrittenen Treffen Hassan-Peres liegen, ist Burgiba in Tunis, dem Sitz von Arabischer Liga wie PLO, noch immer unersetzlich.

Auf Tunesiens innenpolitischer Szene ist zwar jetzt der neue Regierungschef Raschid Sfar nach der Verfassung auch Nachfolger Burgibas im Präsidentenamt. Im Falle von dessen Ableben bis zu den nächsten Parlamentswahlen. Diese sind aber schon im kommenden November1 fällig. Auch der Umstand, daß der jetzige Premier zwar ein hervorragender Wirtschaftsfachmann, aber politisch ohne Hausmacht und Rückhalt ist, spricht dafür, daß Burgiba selbst die Zügel in der Hand behalten will. Nach den aus seiner Sicht bisher nur schlechten Erfahrungen mit dem Machtstreben seiner „Kronprinzen“ Ben Saleh, Hedi Nouira und Muhammad Mzali, die zusätzlichen Ambitionen seines Sohnes und seiner Frau Wassila auf die Herrschaft nicht ausgenommen, hat Burgiba jetzt sichtlich bewußt den schwachen Sfar und keinen der drei „Starken“ im Lande herangezogen:Weder seinen Günstling der letzten Monate, Mansur Schiri, noch den bewährten Innenminister Ben Ali, noch den Direktor seiner staatstragenden Fast-Einheits-partei, Hedi Baccouche.

In Kreisen der Arabischen Liga, die sich jetzt in ihrer bisher bedrohlichsten Zerreißprobe zwischen einem Peres-Gastgeber König Hassan als Vorsitzendem und einem von Syrien geführten radikalen Flügel befindet, wird es nur begrüßt, daß in Tunis Burgiba wieder direkter regiert und nicht rivalisierende Diadochen umherraufen. Zwar spricht jetzt viel dafür, daß die nach den Sa-dat-Begin-Vereinbarungen von Camp David verhängte Suspendierung Ägyptens aufgehoben wird. Bliebe die Liga dabei, müßte sie jetzt auch ihren eigenen Vorsitzenden Hassan II. wegen der Gespräche von Ifran in den Strafwinkel verbannen.

Andererseits hat sich Tunis als Sitz der 1979 aus Kairo ausgezogenen interarabischen Dachorganisation so bewährt, daß sich niemand mehr eine Rückkehr der Liga an den Nil vorstellen kann. Die ägyptische Hauptstadt soll nur wieder „zweite Liga-Stadt“ werden, einen Status wie Genf und Wien für die UNO neben New York erhalten. Das Herz der Araber-Liga und damit auch aller umfassenden nahöstlichen Friedensmöglichkeiten soll aber weiter in Tunis schlagen. Das geht aber nur, wenn auch Burgiba mit seiner Besonnenheit und seinem Ansehen als ruhender Pol in allen Stürmen des arabischen Lagers weiter an der Spitze bleibt.

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