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Siemens: Mikrochips aus Villach

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In Villach errichtete die Siemens AG das größte Halbleiterwerk Europas und ein Entwicklungszentrum für Mikroelektronik. Denn nur so kann der Vormarsch der Japaner und Amerikaner gestoppt werden. Die Investitionen waren enorm: 675 Millionen Schilling.

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In Villach errichtete die Siemens AG das größte Halbleiterwerk Europas und ein Entwicklungszentrum für Mikroelektronik. Denn nur so kann der Vormarsch der Japaner und Amerikaner gestoppt werden. Die Investitionen waren enorm: 675 Millionen Schilling.

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ln Villach hat die Zukunft begonnen. Denn schließlich steht dort Europas modernstes Halbleiterwerk, errichtet von der Siemens AG. Doch man ging

noch einen großen Schritt weiter, indem Siemens ein Entwicklungszentrum für Mikroelektronik anschloß.

Innerhalb von zwei Jahren wurden in den USA und in der Siemens AG München 35 österreichische Ingenieure zu hochqualifizierten Spezialisten ausgebildet, und sie sind nun in Villach ausschließlich mit der Entwicklung von Integrierten Schaltungen, in der Fachsprache IS abgekürzt, beschäftigt.

Integrierte Schaltungen sind heute aus der Elektronik nicht mehr wegzudenken, im Gegenteil, sie haben den Computer, wie er noch vor wenigen Jahren erzeugt wurde, technisch abgelöst. Mikroprozessor ist das Zauberwort, das eine neue Generation einleitete. Werkzeuge. Maschinen, Haushaltsgeräte, Teiefonanlagen und ) Rechner sind heute mikroprozessor- gesteuert.

Vom Aufbau her ist ein Mikroprozessor ein winziges Siliziumplättchen, in das sämtliche Schaltungen und Transistoren eingebettet sind. Und sie verfügen über ein enormes „geistiges" Vermögen. Der derzeit häufigste, der „16 K-Chip", vermag 16.000 Informationseinheiten zu speichern und zu verarbeiten, der Nachfolger, der 64 K, bereits 64.000 Informationen.

Dementsprechend ist auch die Technik, die in einem solchen Chip integriert ist. 10.000, 29.000, ja 125.000 Transistoren sind auf einer Fläche zwischen 18 bis 22 qmm untergebracht, zusätzlich die entsprechenden Schaltungen, wobei auf eine einzelne Ver

drahtung eine Länge von drei bis vier Meter entfallen kann.

Diese Chips sind heutzutage Massenware und dementsprechend billig. Zu billig. Denn der Hersteller sind viele und der Weltmarkt schlitterte in eine rezessive Phase. So sind 16 K-Chips nur mit einem Preis von 15 Schilling an den Mann zu bringen, obwohl die Gestehungskosten ein Vielfaches betragen. Doch sieht es derzeit aus. als ob sich der Markt erholen könnte.

Doch werden im Villacher Entwicklungszentrum der Firma Siemens, das

mit finanzieller Unterstützung des Landes Kärnten, der ÖIAG und des Forschungsförderungsfonds 1979/ 1960 entstand, nicht nur Mikroprozessoren als Massenware gefertigt, sondern auch spezifische Schaltungen entwickelt.

Hier unterscheidet man unter Integrierten Schaltungen für den Weltmarkt und halb-kundenspezifischen Schaltungen, sogenannten „Gate Ar- rays". Letztere sind eine gewisse Programmvorgabe eines Kunden, zum Beispiel eines EDV-Herstellers, und eine Programmstellung. Das heißt, die Ingenieure des Entwicklungszentrums bekommen eine sozusagen halbfertige Schaltung und eine zusätzliche Aufgabe des Kunden, die gelöst werden muß.

Und das bedingt eine hochkomplizierte Forschungsarbeit, deren Wert nicht unter einer Million Schilling lie-

gen kann, da sie ansonsten unrentabel wird. Denn der Vorgang ist folgender: Zuerst wird ein Spezifikationskatalog angelegt und die Logik entwik- kelt. Anschließend muß ein Schaltend Stromlaufplan entworfen werden, genauso die für die Produktion notwendigen Masken und natürlich eine Prüftechnik.

Auch bei der Konstruktion bedient man sich bei Siemens der Elektronik. Mit Hilfe von „Computer Aided Design", kurz CAD, wird die Grafik der Schaltpläne entworfen und es werden Programme zu rechnergesteuerten Testsystemen entwickelt, die wiederum vom Rechner ausgewertet werden. Mit bis zu 10 Millionen Messungen pro Sekunde.

Solche Entwicklungen benötigen aber trotz der Zuhilfenahme aller technischen Mittel einen Zeitraum bis zu zwei Jahren und einen Wissensstand, der dem letzten der USA und Japans, den führenden Elektronikländern der Welt, entspricht. Deshalb investierte Siemens in jeden der 35 Ingenieure, die im Entwicklungszentrum tätig sind, eine Million Schilling an Ausbildungskosten. „Und in zwei Jahren ist unser jetziges Wissen nur mehr 20 Prozent wert, so rasch schreitet die Entwicklung fort", betonte Dipl.-Phys. Sandner, Leiter des Zentrums.

Investiert wurden in das Zentrum inklusive Fertigung bis jetzt über 675 Millionen Schilling, und in den nächsten ein bis zwei Jahren möchte Siemens um weitere 50 Millionen erweitern. Viel wird von der wirtschaftlichen Entwicklung, aber auch von der Konkurrenz, die im eigenen Land geplant ist, abhängen. Denn die staatliche VOEST und der Elektronikriese AMI planen in Österreich ebenfalls ein gemeinsames Werk. Doch zeigt man sich bei Siemens zur Kooperation bereit. auch wenn durchklingt, daß man mit dem Projekt nicht vorbehaltlos einverstanden ist.

In erster Linie gilt es jedoch, österreichisches „Know-how" zu verkaufen und den Einbruch ausländischer Erzeuger abzuwehren.

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